Finanzen

Bank-Run beginnt: Griechische Banken fordern Not-Kredite bei der EZB an

Lesezeit: 1 min
15.01.2015 23:37
Die Lage der griechischen Banken hat sich über Nacht dramatisch zugespitzt: Der Bank-Run scheint deutlich an Fahrt zu gewinnen. Wegen der EuGH-Entwicklung darf die EZB keine griechischen Staatsanleihen kaufen. Die Abkoppelung des Schweizer Franken vom Euro hat zu erhöhtem Liquiditätsbedarf geführt. Die Kunden plündern ihre Bank-Konten schneller als gedacht. Drei Banken brauchen offenbar dringend Liquidität: Piräus Bank, Alpha und Eurobank.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Drei systemrelevante Banken aus Griechenland haben bei der EZB Notkredite angefordert. Die Banken hätten entsprechende Anträge zur Emergency Liquidity Assistance (ELA) gestellt. Wie die Zeitung Kathimerini berichtet, hätten die Banken akute Liquiditätsprobleme, weil die Kunden offenbar im großen Stil die Konten leerräumen. Dieser Trend, der bereits im Dezember festgestellt worden war, hat sich im Januar demnach beschleunigt. Zu Jahrebeginn hatte die griechische Regierung noch versucht zu beschwichtigen und gesagt, man habe alle gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um Banken-Crashs zu verhindern. Doch nun schreibt Kathimerini, dass die Kontenabhebungen im Dezember sehr ungewöhnlich seien, weil in diesem Monat normalerweise mehr Geld auf die Konten fließt als abgezogen wird.

Einer der Gründe ist die Fälligkeit von T-Bills, die von ausländischen Gläubigern gehalten werden. Die Gläubiger haben bereits angekündigt, keine Umschuldung vornehmen zu wollen, weshalb griechische Banken dem Staat diese besondere Form von Staatsanleihen abkaufen müssen. Es geht um etwa drei Milliarden Euro.

Die Lage der Banken hat sich durch den Vortrag des Generalanwalts vor dem EuGH dramatisch verschärft: Denn der EuGH, der prinzipiell dem Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB wohlwollend gegenübersteht, hat die Griechen mit einer zentralen Einschränkung unter Druck gesetzt: Die EZB dürfe keine Staatsanleihen von Staaten erwerben, in denen die EZB als Mitglied der Troika die Staatsfinanzen direkt kontrolliert. Das ist in Griechenland der Fall. Das Land hat es trotz heftiger Bemühungen nicht geschafft, aus dem Troika-Kreditprogramm auszusteigen. Damit fällt die EZB als Retter der griechischen Banken aus.

Außerdem schafft die Entscheidung der SNB, den Franken vom Euro abzukoppeln, ein neues Problem für die griechischen Banken: Plötzlich gibt es eine Liquiditätslücke von bis zu 2 Milliarden Euro, die den Banken fehlen.

Die EZB will kommende Woche über die Anträge entscheiden. Solche ELA-Kredite hatte die EZB schon den taumelnden Banken in Zypern gewährt und sich damit faktisch der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung schuldig gemacht.

Trotz der schlechten Erfahrungen mit Zypern und Griechenland gibt es bis heute keine Regeln für eine geordnete staatliche Insolvenz in der Euro-Zone. Der ehemalige EU-Kommissar Olli Rehn hat vorgeschlagen, die EU möge ihre Kredite an Griechenland verlängern. Die EU hofft, dass Antonis Samaras die Wahl wieder gewinnt, um mit ihm einen Deal auszuhandeln. Doch danach sieht es im Moment nicht aus: Die Linkspartei Syriza liegt unverändert an der Spitze. Deren Chef Alexis Tsipras hatte bereits vor einer Woche die drohende Gefahr gewittert und die EZB aufgefordert, griechische Staatsanleihen zu kaufen. Doch diese Möglichkeit ist der EZB nach der Entwicklung vor dem EuGH definitiv verwehrt.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Ex-Bundesbankchef Axel Weber: Die Gefahr vorzeitiger Zinssenkungen der EZB
03.06.2024

Die Europäische Zentralbank steht kurz davor, einen neuen Zinssenkungszyklus einzuleiten, nachdem die Inflationsraten im Euroraum deutlich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Litauen: Rheinmetall will 180 Millionen Euro in Munitionsfabrik investieren
03.06.2024

Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall plant eine 180 Millionen Euro teure Munitionsfabrik sowie eine Artilleriefabrik in...

DWN
Politik
Politik DWN-SERIE zur Europawahl (Teil 7): Das Wahlprogramm der CDU/CSU für die EU
03.06.2024

Am Sonntag, dem 9. Juni, findet in Deutschland die Abstimmung zur Europa-Wahl statt. Erstmals werden auch 16-Jährige über die...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungskrise: Wo die Mieten in Deutschland am stärksten steigen
03.06.2024

Seit Jahren steigt der Druck auf den Mietmarkt in Deutschlands Großstädten. Neue Zahlen zeigen nun: Kräftig teurer wird es auch in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Traditionsbruch nach 90 Jahren: Kritik am Umzug von Spielzeughersteller Schleich nach München
03.06.2024

Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU), hat stocksauer auf den Umzug des Spielwarenherstellers Schleich nach...

DWN
Politik
Politik Demografie: Bevölkerung in der EU altert rasant
03.06.2024

Europa überaltert: Der Anteil der Über-65-Jährigen in der Europäischen Union dürfte bis zum Jahr 2070 auf rund 30 Prozent steigen,...

DWN
Politik
Politik "Kleine Energierevolution": Halbe Million Balkonkraftwerke am Netz
03.06.2024

Die Zahl der Mini-Solaranlagen in Deutschland hat sich seit Mitte vergangenen Jahres mehr als verdoppelt. Inzwischen gelten weniger...

DWN
Politik
Politik Streit um Stromautobahnen: Erdkabel oder Freileitungen für die Energiewende?
03.06.2024

Ohne neue Leitungen kommt Windstrom aus dem Norden nicht in den Süden. Doch muss der Strom-Transport unbedingt über teure Erdkabel...