Politik

Gegen den Dollar: China will globale Vorherrschaft der USA brechen

Lesezeit: 4 min
17.07.2014 00:07
China möchte die USA als Weltmacht Nummer 1 ablösen. Als ersten Schritt wollen die Chinesen die Amerikaner aus ihrem Vorhof in Asien verdrängen. Danach soll der Dollar als Weltwährung verschwinden. Der größte Trumpf der Chinesen: Sie sind der größte Gläubiger der USA.
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Die wirtschaftlichen und politischen Allianzen scheinen derzeit einem rapiden Wandel zu unterliegen. Insbesondere China tritt immer selbstbewusster den USA als bisherigem Hegemon der Welt entgegen.

Nachdem zuletzt auch die Weltbank in einer aktuellen Studie bekannt gab, dass China die USA an Wirtschaftskraft bereits jetzt ablöst (mehr hier), scheint die neue chinesische Staatsführung vor Kraft kaum zu wissen mit wem sie sich anlegen soll. War bisher China stets darauf bedacht gute Beziehungen zu den USA zu pflegen, stellt sie diese globalstrategische Allianz nun zunehmend in Frage.

Zu ihr kam es – folgt man den Ausführungen von Henry Kissinger –, weil Mao Zhedong nach dem Scheitern seiner Großen Proletarischen Kulturrevolution und seinem Grenzkonflikt mit der damaligen Sowjetunion einen Krieg mit Russland befürchtete. Nun scheint diese strategische Partnerschaft wie Schnee in der Sonne dahin zu schmelzen. Stattdessen nähern sich China und Russland wieder näher an, um gemeinsam die USA herauszufordern.

Nachdem Wladimir Putin mit seiner zunächst verdeckten und später offen militärischen Intervention und der Okkupation der Krim einen massiven Konflikt mit den USA heraufbeschworen hat, der durch Wirtschaftssanktionen gegen Russland seitens der Nato-Staaten beantwortet wurde, sucht Putin händeringend Verbündete, die ihn vor dem wirtschaftlichen Kollaps Russlands bewahren können. Die de facto Pleite Russlands von 1998 ist dort unvergessen. Auslöser war damals wie heute ein massiver Kapitalabfluss aus Russland. Mithin steht Putin nach seinem Krim-Abenteuer mit dem Rücken zur Wand.

Neben dem Iran ist der neue Verbündete insbesondere China, das mit seinen prall gefüllten Währungsreserven Russland ausreichend Rückendeckung geben kann. Langfristige Lieferabkommen über 30 Jahre über große Mengen von Erdöl und Erdgas an China sollen mögliche Ausfälle gegenüber den EU-Mitgliedsstaaten ausgleichen. Der Iran dürfte als Zwischenlieferant Russlands an China diesen über seine Häfen mit Erdöl und Erdgas versorgen.

Bis entsprechende Erdöl- und Erdgasleitungen von Russland nach China gebaut sind , müssen ja diese über andere Transportwege an China geliefert werden. Deckt sich Russland mit iranischen Erdgas und Erdöl ein und liefert dieses an China, dann kann schneller entsprechend Geld an Russland fließen. Ohne eine solche zweite Einnahmequelle sind alle Drohungen Russlands gegenüber der EU den Mitgliedsländer einschließlich der Ukraine den Gashahn abzudrehen zugleich für Russland ein wirtschaftlicher Selbstmord. Ohne die Einnahmen aus den Erdgas und Erdöllieferungen wäre der russische Staat schnell bankrott. Mithin sind Wirtschaftssanktionen wie sie der Westen jetzt androht durchaus ein Mittel das Putin in die Knie zwingen könnte.

Allerdings haben Barack Obama und die Nato-Partner eben vielleicht die Rechnung ohne den Wirt, sprich China, gemacht. Die Obama Doktrin ging ja davon aus, dass Europa befriedet ist und die USA ihren militärstrategischen Schwerpunkt deswegen nach Asien verlagern könnten. Um den Bundeshaushalt zu sanieren, sollen die USA auch nicht mehr wie zuvor gleichzeitig an zwei getrennten Orten der Welt Kriege führen können.

All dies musste zwangsläufig China zu denken geben, da sie die einzige asiatische Macht sind, die die USA ernsthaft herausfordern könnte. China hat darauf mit einer asiatischen Version der Monroe Doktrin reagiert. Man versucht die USA als bisherige Schutzmacht Japans, Südkoreas und der Asean-Staaten aus Asien heraus zu drängen. Nachdem China zuvor den Streit um Inseln im Chinesischen Meer mit Japan angestachelt hatte und auch im Südchinesischen Meer mit den dortigen Anrainerstaaten Vietnam, den Philippinen, Malaysia und Brunei durch zahlreiche Provokationen forcierte, war es für die USA ein leichtes die betroffenen Länder als traditionelle Verbündete gegen China um sich zu scharen. In dem Pendant zur Nato, der SEATO, werden daher jetzt Pläne geschmiedet, wie man China besser in dieser Frage entgegentreten kann.

China hat darauf mit der eben eingangs zitierten asiatischen Variante der Monroe Doktrin reagiert: Man will die Konflikte ohne die USA oder andere nicht-asiatische Mächte mit den beteiligten Staaten bilateral lösen. Asien den Asiaten lautet die neue Botschaft. Ob man damit Erfolg haben wird, bleibt allerdings zweifelhaft.

Trotzdem ist China auch an einem anderen Konfliktherd in Asien, den beiden Rivalen in Korea Angebote zu machen, eine Vereinigung Koreas unter chinesischen Vorzeichen schmackhaft zu machen. Das beunruhigt natürlich auch bereits die Japaner. Die fürchten sich vor einer neuen Neutralität Südkoreas gegenüber China, um ihre Wirtschaftsbeziehungen zu China nicht zu gefährden. Zudem lockt China mit der Möglichkeit sich als Vermittler gegenüber Nordkorea stärker als bisher zu engagieren.

All das schafft letztendlich neue Spannungen in der Weltpolitik. In Asien tobt bereits ein massiver Rüstungswettlauf. Japans Premierminister, Shinzo Abe, hat bereits Schritte eingeleitet, die Militäreinsätze außerhalb Japan wieder nach rund sechzig Jahren ermöglichen sollen. Japan besitzt in Asien nach China die schlagkräftigste Militärstreitmacht.

Sie heißen zwar derzeit noch Selbstverteidigungsstreitkräfte , aber genau diese in der japanischen Verfassung festgeschriebene Zielsetzung könnte jetzt geändert werden. Hinzu kommen die beiden hochgerüsteten bisher verfeindeten Staaten von Süd- und Nordkorea. Der ungehinderte Zugang Chinas zum Pazifik wird eben von der Perlenschnur der Inselstaaten mit Taiwan und den Philippinen und den Anrainerstaaten im südchinesischen Meer fortgesetzt (siehe Abbildung 1).

Etwas was China vor allem fürchtet ist die strategische Bedrohung durch die USA (mehr hier). Um sich den Rücken in Zentralasien freizuhalten, ist daher Russland jetzt der wichtigste Partner.

Neben der militärischen Konfrontation suchen China und Russland aber noch die Konfrontation mit den USA auf den globalen Finanzmärkten (mehr hier). Chinas lang gehegter Wunsch den Renminbi zu einer globalen Weltreservewährung zu machen, könnte jetzt rascher als zunächst geplant Wirklichkeit werden. Neben zahlreichen Devisen-Swap-Abkommen mit zahlreichen seiner wichtigsten Handelspartnern, die damit direkt bilateral in den jeweiligen Währungen und dem Renminbi Handel treiben können, wird nun auch noch institutionell gegenüber den USA aufgerüstet.

Man will gemeinsam mit den übrigen BRICS-Staaten einen Währungsreservefond und eine internationale Entwicklungsbank gründen und damit dem IWF und der Weltbank direkt Konkurrenz machen (mehr hier). Das dürfte die politischen und wirtschaftlichen Konflikte zwischen den USA und seinen Verbündeten und der neuen BRICS-Allianz und deren Verbündeten weiter eskalieren lassen.

Dazwischen stehen zunehmend die New Neutrals: Jene Länder, die es sich ungern mit einem der beiden Lager verscherzen möchten. Dazu zählt offenbar auch Deutschland. Man hat als Exportnation zu große Handelsrisiken gegenüber den einzelnen verfeindeten Lagern, um sich ohne weiteres auf eine der beiden Seiten schlagen zu können. Merkel und Steinmeier stehen mithin vor sehr schwierigen Zeiten.


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