In Libanon ist es nach dem Begräbnis des am Freitag beim einem Bombenanschlag ums Leben gekommenn, Syrien-kritischen Geheimdienstchefs Wissam al Hassan zu schweren Ausschreitungen gekommen. Mehrere hundert Demonstranten versuchten, das Büro des Premierministers Najib Mikati zu stürmen. Sie forderten den Rücktritt des Premiers, dem die Demonstranten einen undurchsichtigen Kurs in der Syrien-Politik vorwarfen. Nachrichtenagenturen berichteten von heftigem Gewehrfeuer, offizielle libanesische Sprecher sagten, die Polizei habe in die Luft geschossen. Es soll mehrere Verletzte gegeben haben, unter anderem durch den Einsatz von Tränengas. Die Demonstranten trugen anti-syrische Fahnen der oppositionellen Zukunfts-Bewegung, einer sunnitischen Gruppierung. Auch Vertreter der christlichen Milizen sowie Islamisten mit schwarzen Flaggen waren an dem Marsch auf den Sitz des Premiers beteiligt. Die Protestierenden behaupten, dass der syrische Machthaben Baschar al Assad hinter der Ermordung al Hassans stehe.
In mehrere Landesteilen kam es ebenfalls zu schweren Ausschreitungen. In einem Dorf im Bekaa-Tal sollen Augenzeugenberichten zufolge Polizisten auf Demonstranten geschossen haben, es soll zwei Verletzte gegeben haben. Auch die Straße zum Internationalen Flughafen von Beirut war zeitweise blockiert.
Al Hassan war ein enger Gefolgsmann des getöteten Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri gewesen. Er leitete die Ermittlungen über dessen Ermordung. Al Hassan war im Zuge der Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, dass es eine Verwicklung Syriens gegeben haben könnte.
Die Eskalation im Libanon zeigt, dass der Bürgerkrieg in Syrien keine Staats-Grenzen kennt. Die Gegner Assads sind vor allem Sunniten, während sich die Schiiten hinter den Alawiten Assad gestellt haben.
Der Libanon ist seit Jahrzehnten ein Vorhof für die syrische Nahost-Politik. Insbesondere unterstützte die Assad-Dynastie schon seit Anfang die Hisbollah, die sich vor allem durch Terror-Attacken auf Israel einen Namen gemacht hat.
Weil in der Region viele nationalstaatliche Grenzen aus einer gewissen Willkür gezogen wurden - insbesondere nach dem Abzug der britischen und französischen Kolonialmächte - sind es vor allem religiöse und Stammes-Zugehörigkeiten, die die Region instabil machen. Die einzelnen Gruppen solidarisieren sich weniger mit ihren Staaten, als mit den Glaubensbrüdern in der Region. Beobachter glauben, dass in der gegenwärtigen Eskalation in Syrien ein Funke reiche, um die ganze Region in Flammen aufgehen zu lassen. Die Türkei befindet sich seit einigen Monaten fast im Kriegzustand, aus Ankara kommen massive Drohungen gegen die Ausweitungen des Krieges auf das türkische Staatsgebiet (hier).
Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte, er fürchte, dass es zu weiteren Anschlägen im Libanon kommen werde. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für den Libanon herausgegeben (hier).