Seitdem bekannt ist, dass auch die deutsche Konjunktur lahmt, was vor allem auf den Rückgang der Exporte des „Exportweltmeisters Deutschlands“ zurückzuführen ist, tobt der Streit zwischen den Ökonomen, was die bessere Strategie gegen die sich abzeichnende Konjunkturflaute zu tun sei. Der Konflikt zwischen den beiden Lagern zog Kreise bis ins ferne Washington.
Um nachhaltiges Wachstum zu fördern, sei es wenig ratsam, ein „konjunkturpolitisches Strohfeuer zu zünden“, sagte jedoch Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Dies vor allem „vor dem Hintergrund der historisch hohen Schuldenstände“.
Bereits vor einigen Tagen warnte der 16. Genfer Bericht vor einer „giftigen Kombination“ der globalen Rekord-Verschuldung. Die weltweite Verschuldung hat sich von 174 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2007 auf 212 Prozent im Jahr 2013 erhöht. Somit zeigt die globale Verschuldung eine anhaltend steigende Tendenz.
Bei der Tagung in Washington insistieren Präsident François Hollande und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi darauf, die Sanierung der Staatsfinanzen zu Gunsten von Konjunkturprogrammen auf die lange Bank zu schieben.
Bundesfinanzminister Schäuble verwahrte sich in Washington dagegen, aus dem Haushalt weitere Gelder über die bereits geplanten Investitionen in die Infrastruktur hinaus zu bewilligen. Und wurde prompt von IWF-Chefin darauf hingewiesen, dass Deutschland doch keine Sorge tragen müsse, die Defizitgrenzen der EU zu reißen. Auf längere Sicht könnten sich solche Ausgaben auch für Staatshaushalte rechnen. Es könne nicht nur wachstumsfreundlich, sondern auch schuldenfreundlich sein.
Schäuble plädiert bisher eher dazu, private Investoren in die erweiterte Finanzierung über die bereits im Haushalt geplante Investitionen in die Infrastruktur einzubinden. Mit einer Stimulierung der Nachfrage über höhere Staatsausgaben sei ohnehin „nicht viel zu holen“.
Nach der öffentlichen Kritik in Washington an Schäubles Kurs, gab er jedoch nach. „Wir werden alles, was es an konkreten Investitionsmöglichkeiten gibt, auch finanzieren.“ Mittelfristig müssten die Ausgaben natürlich erhöht werden, was auch bereits getan werde. Er wolle eine Stärkung deutscher Investitionen prüfen. Dies ginge aber nicht über Nacht, sagte Schäuble.
Wie die Entscheidung der Bundesregierung letztlich ausgeht, ist unklar. Kanzlerin Merkel ließ jedoch schon erkennen, dass sie von ihrer bisherigen Meinung abrücken könnte: Die Bundesregierung bereite sich auf die Situation vor, indem sie überlege, wie man zusätzliche Investitionen möglich machen kann.
Kämen die Mittel für „zusätzliche Investitionen“ aus dem Bundeshaushalt würde die Regierung jedoch den bisherigen Konsolidierungspfad verlassen. Die „schwarze Null“, also das Auskommen im Bundeshaushalt ohne neuerliche Schuldenaufnahme wäre Geschichte.
Dennoch: Auf der Tagung in Washington wurden politische Entscheidungsträger nach Empfehlung des IWF dazu aufgefordert, wirtschaftliche Risikobereitschaft eingehen, um das Wirtschaftswachstum anzuschieben. Gleichzeitig fordert der IWF, die Staaten müssten die Kontrolle der finanziellen Exzesse vorantreiben.
Sechs Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise ist die die globale Erholung durch die sich angleichende Geldpolitik in den Industrieländern stark abhängig, so der IWF.
Dies habe zwar dazu beigetragen, dass wirtschaftliche Risiken in Form von höheren Investitionen und Beschäftigung in den Unternehmen Firmen und ansteigendem Verbrauch der Haushalte zur Folge hatte. Doch die Wirkung sei zu begrenzt und „uneben“ verlaufen. In den Vereinigten Staaten und Japan entwickelten sich die Dinge ein wenig besser, umso weniger jedoch in Europa und in den Schwellenländern.
Bei der Tagung in Washington bezog sich der Leiter der IWF-Finanzmarktabteilung, José Viñals, auch auf Gefahren bei den Schattenbanken. Der globale Markt der Schattenbanken beläuft sich derzeit auf 71 Billionen US-Dollar. Unternehmen, die sich wie Banken gerieren, die aber keine sind, drohten bereits während der Finanzkrise 2008 das gesamte Finanzsystem zu sprengen.
„Die Risiken verlagern sich in das System der Schattenbanken“, betonte Viñals. „Wenn das nicht in den Fokus kommt, könnten diese Risiken die globale Finanzstabilität gefährden.“
Zwar stellten die Notenbanken beinahe kostenlose Liquidität zur Verfügung, doch komme dieses Geld nicht hinreichend in den „echten Volkswirtschaften“ an, so Viñals. Die lockere Geldpolitik habe zwar dazu geführt, dass Firmen neue Arbeitsplätze schaffen würden und die Konsumenten mehr ausgeben. Gleichwohl habe das „billige Geld“ Investoren dazu angeregt, an den Finanzmärkten hohe Risiken einzugehen. Es sei nun die Angelegenheit der Gesetzgeber, den Transmissionsriemen der Geldpolitik in die echten Volkswirtschaften zu korrigieren.