Bundeswirtschaftsminister Gabriel interveniert direkt bei der schwedischen Regierung wegen des geplanten Verkaufs der Braunkohlegeschäfte durch den Energiekonzern. Der Staatskonzern hatte Ende Oktober angekündigt, das deutsche Braunkohlegeschäft mit über 8000 Beschäftigten abzustoßen.
„Ich bin sicher, dass sich die schwedische Regierung und Stefan Löfven ihrer Verantwortung bewusst sind“, heißt es in einem Papier aus dem Ministerium. Gabriel wünscht, dass die Wasserkraftgeschäfte von Vattenfall in Deutschland, den Braunkohletagebau und die Stromerzeugung in einer Hand bleiben. „Eine Zerschlagung dieses Verbunds würde die Sicherung der Beschäftigung und der Zukunftsfähigkeit der Unternehmensbestandteile ebenso gefährden wie überzogene Preisvorstellungen“.
Gabriel meint, dass Vattenfall nach Jahren mit Milliardengewinnen in Deutschland eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Jobs sowie für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung habe. Fehlinvestitionen mit zweistelligen Milliardenverlusten in anderen Ländern dürften nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer und der deutschen Stromkunden abgeladen werden.
Das Problem für Gabriel: Sein Bittgang könnte ins Leere laufen, weil die schwedische Regierung bereits wenige Wochen nach Amtsantritt ums Überleben kämpft. Kommen Neuwahlen, hat Gabriel keinen handlungsfähigen Ansprechpartner mehr, weil sich sein Parteifreund dann um den Wahlkampf kümmern muss.
Doch es ist gerade die Energiewende in Deutschland die für Probleme sorgt, wie Gabriel zugeben muss. Der Vizekanzler warnte Schwedens neuen Regierungschef Stefan Löfven, dass es „ernste Konsequenzen“ für die Stromversorgung in Deutschland hätte, wenn Vattenfall wie geplant zwei Kohleminen schließt, berichtet die FT.
Die Intervention von Gabriel ist ein deutliches Zeichen, wie sehr der ehrgeizige Umstieg auf Erneuerbare Energien Deutschland vor enorme Herausforderungen stellt. Im Rahmen der Energiewende sollen bis zum Jahr 2050 rund 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energiequellen stammen, die Kernkraftwerke sollen bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden. Durch den Atomaustieg entsteht bereits eine Energielücke, die sich durch den Ausfall von Braunkohle-Förderung vergrößern würde. Im vergangenen Jahr war die Stromgewinnung durch Kohle auf dem höchsten Stand seit 1990.
Die starke Abhängigkeit von Kohle ist ursächlich dafür, dass die CO2-Emissionen nicht wie vereinbart reduziert werden. Zudem gehören die deutschen Haushaltsenergiepreise zu den höchsten in Europa.
Sigmar Gabriel hat Stefan Löfven einen Brief geschrieben, dass weitere Vattenfall-Investitionen in Brandenburg und Sachsen „für mich persönlich wichtig wären“. Zudem wäre Gabriel dankbar, wenn Löfven „seinen Einfluss nutzen könne, um das zu erreichen“, zitiert die FT aus dem Brief.
Der schwedische Regierungschef verweist darauf, dass das börsennotierte Unternehmen selbst entscheiden müsse und sich die Politik da nicht einmische.
Der neue Vattenfall-Chef Magnus Hall hat bereits unmissverständlich klar gemacht, dass nach Käufern für den Braunkohlebergbau und den Stromerzeugungsanlagen in Deutschland gesucht werde.
Der Atomaustieg ist ein weiterer Kostenpunkt der Energiewende: Im Oktober hat Vattenfall Deutschland wegen des Atomaustiegs vor einem US-Schiedsgericht verklagt. Der schwedische Konzern fordert für die Abschaltung seiner Atomkraftwerke rund 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz. Ähnliche Klagen der Konzerne EON und RWE belaufen sich auf rund 10 Milliarden Euro.
Der Chef des französischen Energie-Riesen EDF, Henri Proglio, malt ein düsteres Bild für den deutschen Energiemarkt. Die zwei wichtigsten deutschen Energieunternehmen RWE und Eon stünden unter einem enormen Druck. „Eines ist mehr oder weniger tot und das andere ist in einer sehr schwierigen Situation“, zitiert die Financial Times Proglio. Der deutsche Energiemarkt sei eine „Katastrophe“. Zuvor hatten RWE und Eon massive Gewinnrückgänge verzeichnet. Beide machten die Energiewende in Deutschland für diese Misere verantwortlich.
Forscher aus Stanford publizierten vor wenigen Tagen eine Bankrott-Erklärung an die Erneuerbaren Energien in der Fachzeitschrift IEEE Spectrum: Die erneuerbaren Energien sind unzuverlässig und zu teuer, sagen Stanford-Wissenschaftler. Selbst wenn die Erneuerbaren Energie deutlich billiger würden und weltweit zum Einsatz kämen, könnten sie den Klimawandel nicht mehr aufhalten.
Führende Wirtschaftsexperten aus Deutschland kritisieren die Energiewende ebenfalls scharf. Der Wirtschafts-Standort Deutschland werde nicht nur geschwächt, die Energiewende grenze sogar an „Selbstmord“ und sei ein „unfassbar teurer Irrweg“.