Politik

Griechenland erwägt offizielles Veto gegen Russland-Sanktionen

Die neue griechische Regierung sorgt für Nervosität in Brüssel: Ein Sprecher wies eine Erklärung der EU zurück, mit der die Außenminister beauftragt worden seien, schärfere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Offenbar prüft die Syriza-Regierung sogar ein Veto gegen die Sanktionen. Die EU fürchtet, dass Griechenland in Richtung Russland abdriften könnte.
27.01.2015 20:31
Lesezeit: 2 min

Die griechische Regierung überlegt einem Bericht der Zeitung Kathimerini zufolge, mögliche neue Sanktionen gegen Russland mit einem offiziellen Veto zu belegen. Zwischen der neuen griechischen Regierung und der EU war es bereits am ersten Tag nach der Angelobung von Alexis Tsipras als neuer Premier zu einem ersten Zerwürfnis gekommen. Ein Sprecher der Regierung sagte, Griechenland habe eine Stellungnahme der EU-Staats- und Regierungschefs nicht gebilligt, mit welchem die Außenminister beauftragt wurden, ein Konzept für schärfere Sanktionen gegen Russland zu entwickeln. Dieses Papier sollte den Staatschefs für ihr Treffen am Donnerstag präsentiert werden, wo die EU eine harsche Botschaft an Moskau aussenden wollte. Das Wall Street Journal berichtet, ein Sprecher der Regierung werfe der EU-Ratspräsidentschaft vor, sich nicht an das korrekte Procedere für die Erstellung eines solchen Papiers gehalten zu haben.

Kathimerini berichtet, dass Tsipras die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gebeten habe, mit der Versendung des Papiers noch bis Mittwoch zu warten - den Tag nach der Angelobung der Regierung. Doch die EU versandte das Papier, ohne den neuen Außenminister zu konsultieren. Es ist denkbar, dass die alte Regierung dem Papier noch formal ihre Zustimmung gegeben hat, ohne Tsipras zu informieren - ein sehr unübliches Verhalten bei einer politisch derart weitreichenden politischen Frage. Es ist ebenfalls denkbar, dass die EU das eintägige Interregnum nutzen wollte, um die neue griechische Regierung zu präjudizieren. Das würde die Verärgerung von Tsipras erklären.

Der EUObserver berichtet, dass Tsipras nicht einverstanden gewesen sei, dass in dem Kommuniqué Russland beschuldigt wird, die Angriffe auf Mariupol veranlasst zu haben. Ein EU-Offizieller sagte, es sei noch nie vorgekommen, dass eine offizielle Stellungnahme im Nachhinein korrigiert werden müsse. Nun soll in einer Fußnote angeführt werden, dass 27 Staatschefs für das Papier sind, und nicht 28. Nach Angaben des EUObserver sollen auch Österreich, Ungarn und die Slowakei gegen die Schuldzuweisung an Russland gewesen sein, hätten sich aber nicht durchsetzen können.

Obwohl der Konflikt allem Anschein nach auf eine Trickserei in Brüssel zurückzuführen ist, sind die Spin-Doktoren offenbar schon dabei, die Sache zu einem Kalten Krieg hochzuspielen. Die FT berichtet, dass nun in Brüssel die Angst umgehe, Russland könne Griechenland ermuntern, die EU zu spalten. So bemerkt die FT, dass es auffällig sei, dass der russische Botschafter Andrej Maslow der erste gewesen sei, der Tsipras ein Glückwunschschreiben seines Chefs, Wladimir Putin, überreicht habe. Angela Merkel hat zwei Tage gebraucht, ehe sie sich zu einem eher lauwarmen Gruß nach Athen aufgerafft hatte.

Der russische Landwirtschaftsminister Nikolai Fyodorov trug weiter zur Verunsicherung der EU bei: Er bot den Griechen an, dass Russland Griechenland von den Sanktionen befreien würde, wenn die Griechen wegen ihrer Schulden aus der EU austreten müssten. Das ist für ein vor allem auf Landwirtschaft ausgerichtetes Land eine bedeutsame Überlegung, weil Griechenland von den russischen Lebensmittelverboten besonders betroffen ist.

Das Problem der EU: Es herrscht seit jeher das Prinzip der Einstimmigkeit. Ein Ausscheren Griechenlands könnte alle Sanktionen gegen Russland gefährden. Auch andere Staaten ächzen unter dem politischen Joch der Sanktionen. Daher haben die EU-Beamten erst vor wenigen Tagen mit Russland einen Deal vereinbart, dass EU-Lebensmittel aus von Russland bestimmten Staaten wieder importiert werden könnten. Damit könnte sich Griechenland aus den Sanktionen völlig legal verabschieden, was den für das Land entscheidenden Nahrungsmittelsektor betrifft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Analyse: Chinesische Exportbeschränkungen für seltene Erden setzen westliche Industrie unter Druck
09.06.2025

Ein bislang wenig beachteter Aspekt im Handelskonflikt zwischen China und den USA sind die seit April geltenden chinesischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Algen auf dem Rechenzentrum: Die Revolution der Datenabwärme
09.06.2025

Server produzieren nicht nur Daten – sondern auch wertvolle Wärme. Ein französisches Rechenzentrum verwandelt diese jetzt in grüne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Studie: Jedes zweite Unternehmen plant KI-Strategie mit Startups
09.06.2025

Der Open Innovation Report 2025 zeigt: 51 Prozent der deutschen Unternehmen setzen für ihre KI-Zukunft auf Startup-Kooperationen. Doch der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Bike war gestern: Wasserstoff-Fahrradmarkt kommt ins Rollen
09.06.2025

Polens Industrie schlägt neue Wege ein: Mit dem ersten Wasserstoff-Fahrrad für Unternehmen will Groclin die Mobilitätswelt verändern....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sozialabgaben steigen ins Unermessliche - Bürokratie allein verschlingt 25 Milliarden Euro
09.06.2025

Sozialversicherungen kosten Arbeitnehmer und Unternehmen aktuell schon 42 Prozent des Bruttogehalts, Tendenz steigend. Die Bürokratie...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich mit 50? Nur, wenn Sie jetzt aufhören, Fehler zu machen
08.06.2025

Mit 50 ist es Zeit umzudenken: Zwei Finanzveteranen erklären, warum Schuldenabbau, kluge Rücklagen und langfristiges Denken entscheidend...

DWN
Politik
Politik Margrethe Vestager war eine der mächtigsten Personen Europas – jetzt sagt sie das „goldene Zeitalter“ voraus
08.06.2025

Margrethe Vestager gehörte zu den mächtigsten Frauen Europas. Jetzt zeichnet sie ein Bild der EU ohne USA – und sieht darin die große...

DWN
Immobilien
Immobilien Vermieter-Mieter-Verhältnis: Wie Sie Streit vermeiden
08.06.2025

Eine aktuelle Befragung vom Wissens- und Plattformunternehmen AktivBo zur Mieterzufriedenheit in Deutschland zeigt, dass die Mehrheit an...