Der Steuer-Skandal um Juncker und Luxemburg geht in die zweite Runde. Im vergangenen Monat waren ausreichend Unterschriften im EU-Parlament gesammelt worden, um einen Untersuchungsausschuss aufzustellen. Dabei soll dieser sich nicht nur um die Steuervergünstigungen für Unternehmen in Luxemburg kümmern, sondern auch um ähnliche Vorgehensweisen in anderen EU-Staaten. Am Donnerstag sollen die Fraktionsvorsitzenden des Europaparlaments und Parlamentspräsident Martin Schulz nun über den solchen Untersuchungsausschuss abstimmen und die Zusammensetzung eines solchen bestimmen. Erst dann kann im Plenum selbst – voraussichtlich kommende Woche – abgestimmt werden.
Bereits vergangene Woche hätte das entsprechende Mandat für einen Ausschuss schon vorliegen sollen, berichtet der EUObserver. Die Verzögerung wecke jedoch Skepsis unter den Grünen. Sie fürchten, dass versucht werde, das Mandat für den Ausschuss zu verwässern, um die Reichweite der Untersuchung zu begrenzen. Schließlich sei bisher nicht klar, wie umfangreich mögliche Untersuchungen sein könnten, was die Nervosität unter einigen potentiellen Schlüsselfiguren in dem Skandal erhöht, so der EUObserver. So sollen, falls es zu einem Untersuchungsausschuss kommt, auch die Finanzminister der Länder eingeladen werden. Eurogruppen-Chef Dijsselbloem und der Liberalen-Chef Guy Verhofstadt sind ebenfalls im Kreis der potentiell zu Befragenden.
Allein in den Niederlanden gibt es etwa 12.000 so genannte Briefkasten-Unternehmen, mit denen hunderte Milliarden Euro jedes Jahr am Fiskus vorbei geschafft werden können, so der EUObserver. Der Ko-Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Philippe Lamberts, rechnet deswegen mit großen politischen Auswirkungen, wenn der Ausschuss ins Leben gerufen werden sollte. „Es wird sich so viel Blut auf dem Teppich finden, dass (die Untersuchung) niemand durchführen wollen wird, denn niemand kann das hinterher reinigen.“ Es gab „schreckliche Steuer-Deals in Irland“, so Lamberts. Aber eben auch in den Niederlanden und in Luxemburg.
Die Praxis in Luxemburg hatte dazu geführt, dass multinationale Unternehmen sehr wenige Steuern zahlen mussten, in manchen Fällen sogar weniger als ein Prozent. Die gesetzlichen Regelungen für die Steuerpolitik wurden zu Zeiten Junckers als Premier in Luxemburg eingeführt. Ein Misstrauensvotum im EU-Parlament gegen Kommissionspräsident Juncker scheiterte jedoch. Der Vorschlag Junckers nach dem Bekanntwerden des Skandals, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten, das die Mitgliedsstaaten verpflichte, automatisch Steuer-Informationen auszutauschen, wird von den Grünen im EU-Parlament kritisiert. So etwas existiere bereits in seiner Grundform seit 1977, so Lamberts. „Und es wurde 2012 in Gesprächen mit den Mitgliedsstaaten noch weiter ausgearbeitet“, zitiert ihn der Irish Examiner. „Aber die Kommission versagte darin, zu überprüfen, ob das auch umgesetzt werde.“