Deutschlands drittgrößter Energieversorger EnBW wirbt um die Geldgeber des insolventen Windparkbetreibers Prokon. Der Karlsruher Konzern bietet den Inhabern von Prokon-Genussrechten rund eine halbe Milliarde Euro in bar, um die Windparks künftig selbst betreiben und entwickeln zu können. „Unser Angebot bedeutet größtmögliche Sicherheit“, sagte Vorstandschef Frank Mastiaux am Mittwoch. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat sechs Wochen Zeit, die 75.000 Anleger zu überzeugen und sie von der Gründung einer Genossenschaft abzubringen, mit der sie Prokon in Eigenregie weiterführen könnten. Prokon hatte bei ihnen insgesamt 1,4 Milliarden Euro über Genussrechte eingesammelt.
Der Gläubigerausschuss, in dem auch die Prokon-Mitarbeiter und Anlegerschützer vertreten sind, hatte am Dienstag der EnBW-Offerte den Vorzug vor einem niedrigeren Angebot des Solarpark-Investors Capital Stage gegeben. Auf einer Versammlung Anfang Juli in Hamburg haben die rund 100.000 Gläubiger - darunter die Genussrechteinhaber als größte Gruppe - aber noch die Wahl zwischen dem Verkauf und dem Genossenschafts-Modell. Bei diesem würden die Zeichner der Genussrechte zu Eigentümern und zudem über eine Anleihe am künftigen Erfolg von Prokon beteiligt. Damit könnten sie ihre Verluste begrenzen. EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer riet ihnen von der Anleihe ab: Die Anleger machten sich dann noch 15 Jahre von der Entwicklung von Prokon abhängig. Zudem würde das Unternehmen von der Anleihe und den fälligen Zinsen in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Interessierte Anleger könnten sich aber später an einzelnen Windparks beteiligen.
Die EnBW, die lange auf Atomstrom gesetzt hatte, will bis 2020 bis zu 3,5 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien stecken. Mit Prokon käme sie ihrem Ziel näher, die installierte Leistung an Windkraftanlagen auf 1000 Megawatt zu erhöhen. „Wir würden das auch ohne Prokon hinbekommen, sehen aber die Chance, noch schneller voranzukommen“, sagte Mastiaux. Das Kerngeschäft von Prokon sei gesund. Die Firma aus Itzehoe betreibt 54 Windparks in Deutschland und Polen mit 537 Megawatt und hat Projekte in weit größerem Umfang in Planung. Davon wolle EnBW „möglichst viele“ umsetzen, betonte er. Die Genossenschaft würde dagegen die meisten Projekte nach Fertigstellung verkaufen müssen.