Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland. „Die aktuelle Entwicklung übertrifft selbst unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagte der Ausschussvorsitzende Eckhard Cordes am Freitag in Berlin. Die Exporte nach Russland dürften in diesem Jahr um ein Viertel oder neun Milliarden Euro einbrechen, nachdem sie bereits 2014 um 6,5 Milliarden Euro gefallen waren. „Die negative Entwicklung seit Beginn der Sanktionen bedroht in Deutschland unmittelbar 150.000 Arbeitsplätze.“ Besonders mittelständische Firmen in Ostdeutschland seien gefährdet. Daher sei ein „Einstieg in den Ausstieg aus den Wirtschaftssanktionen“ notwendig, so Cordes.
Deutschland drohe auch langfristig wichtige Kunden zu verlieren. „Es gibt eine Hinwendung Richtung Asien“, sagte Cordes. „China hat Deutschland im Handelsvolumen mit Russland inzwischen überholt.“ Auch wenn die Sanktionen beendet würden, gebe es kein schnelles Zurück zur Normalität. Mit jedem abgebrochenen Geschäftskontakt sinke zugleich die politische Einflussnahme auf Moskau.
Wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt hatte der Westen Sanktionen verhängt und Anfang der Woche verlängert. Moskau reagierte darauf mit Gegenmaßnahmen. Russland steckt zudem in einer Rezession.
Zudem gab Cordes bekannt, dass er mit Herbst sein Amt aufgeben wird. Nachfolger soll der 55-jährige Wolfgang Büchele werden, Vorstandsvorsitzender der Linde AG. Cordes, der seit fünf Jahren an der Spitze des Ost-Ausschusses stehe, soll nach Angaben des Ostausschusses aber Mitglied des achtköpfigen Vorstands bleiben. Er begründete seinen Rückzug mit der Ernennung in den Verwaltungsrat der Volvo Group im Frühjahr 2015 und den Einzug in den Aufsichtsrat von Bilfinger SE im November 2014.
Cordes hatte die EU-Sanktionspolitik gegen Russland in der Ukraine-Krise mehrfach scharf kritisiert und dabei auch eine andere Position bezogen als etwa der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft gehören fünf große Wirtschaftsverbände sowie 220 Unternehmen an.
Auch ein aktuelles Gutachten des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) kommt zu einer vernichtenden Bilanz der EU-Sanktionen gegen Russland. Wie der Tagesanzeiger aus Zürich berichtet, sind wegen der Sanktionen in Europa über zwei Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Insgesamt könnte in der EU eine Wertschöpfung von knapp 100 Milliarden Euro verlorengehen.