Politik

Obama trifft Putin: Geheime Gespräche nach öffentlichem Schlagabtausch

Russlands Präsident Wladimir Putin ist am Montag mit US-Präsident Barack Obama zu einem längeren Treffen zusammengetroffen. Worüber die beiden gesprochen haben, ist nicht bekannt. Es kann jedoch angenommen werden, dass beide versucht haben, für die Ukraine und für Syrien die jeweiligen roten Linien zu markieren.
29.09.2015 01:55
Lesezeit: 2 min

Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren haben sich US-Präsident Barack Obama und Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin zu einem politischen Gespräch getroffen. Bei ihrer Begegnung am Rande der UN-Vollversammlung in New York am Montag wollten die beiden nach Angaben der US-Regierung vor allem über die Konflikte in Syrien und der Ukraine sprechen. Nähere Details wurden nicht bekannt. Bei einem kurzen Foto-Termin gab keiner der beiden ein Statement ab.

Worüber die beiden wirklich gesprochen haben, ist nicht bekannt: Die TASS hatte gemeldet, Putin wolle mit Obama über Syrien sprechen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte vor dem Treffen, Obama wolle über die Ukraine sprechen.

Wenige Stunden zuvor waren Obama und Putin sich bei einem Mittagessen mit mehreren Staats- und Regierungschefs begegnet, bei dem sie am Tisch nur durch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon getrennt waren. Dort schüttelten sie sich die Hände und stießen nach einem Toast auch miteinander an. Das Essen folgte auf Reden beider Präsidenten bei der UN-Generaldebatte.

Obamas Rede war gegen Russland gerichtet, Putin dokumentierte in seiner Rede noch einmal die Entstehung des Syrien-Konflikts und fragte, ohne die USA ausdrücklich zu nennen, ob die westliche Allianz nun erkenne, wohin die Einmischung von außen im Nahen Osten geführt habe. Der Tonfall in beiden Reden war zwar hart, aber doch so gehalten, dass beide das gemeinsame Interesse hervortreten ließen - den Kampf gegen den IS. Obama ist unter Druck, weil Putin in Windeseile eine Koalition mit China und dem Iran geschmiedet hat und auch die US-Verbündeten Irak und Saudi-Arabien günstig stimmen will. Damit droht den Amerikanern ein erheblicher Verlust an Einfluss im Nahen Osten. Vermutlich wird Obama versuchen, aus der Sache gesichtswahrend auszusteigen.

Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass Obama Putin gezielt in den Konflikt in Syrien ziehen will, um Russland im Nahen Osten zu binden. Moskau könnte so etwas an Wachsamkeit in der Ukraine verlieren. Allerdings scheint zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Interesse der US-Regierung an der Ukraine nachgelassen zu haben. Hier liegt es in den kommenden Monaten an der EU und ihren Steuerzahlern, das Land finanziell über Wasser zu halten. Selbst in Washington sind Zweifel zu hören, ob die aktuelle Regierung der Ukraine wirklich der ideale Partner ist: Die Rechtsextremen arbeiten, tatkräftig unterstützt vom US-Statthalter Saakaschwili in Odessa, am Sturz des von den USA selbst eingesetzten Premiers Arseni Jazenjuk. 

Das letzte formelle Treffen der beiden fand im Juni 2013 beim G8-Gipfel in Nordirland statt. Ein im selben Jahr geplantes Treffen in Moskau sagte Obama im Streit um den flüchtigen Spionage-Enthüller Edward Snowden ab. Seitdem liefen die beiden sich nur am Rande von Gipfeltreffen oder der D-Day-Feier in der Normandie über den Weg.

Weil es keine offiziellen Ergebnisse gab, versuchten sich anwesenden Beobachter als Auguren: Jede Geste, jeder Gesichtsausdruck, jede Berührung der beiden Gegenspieler wurde bis ins letzte Detail analysiert - und so sorgte am Montag selbst der Toast bei einem Mittagessen am Rande der UN-Vollversammlung für Gespräche.

Klirrten die Gläser, oder klirrten sie nicht? Mehrere Journalisten trieb in New York um, ob Obama und Putin nach dem Toast auch direkt miteinander anstießen, sich ihre Gläser also berührten. Ja, hieß es erst, doch dann kamen Zweifel auf. «Die beiden stießen nicht an, obwohl Herr Obama mit mehreren anderen Tischnachbarn anstieß», ließ der kurz zum Essen zugelassene «New York Times»-Korrespondent Gardiner Harris wissen. Und die Spannungen zwischen Moskau und Washington ließen Grund genug zur Annahme, dass die Präsidenten auf jede freundliche Geste vor den Kameras lieber verzichten wollten, mutmaßt die dpa.

Ein Foto widerlegte die NYT und die dpa: «Wir haben jetzt den soliden Beweis in Form eines Fotos ..., dass Herr Obama und Herr Putin anstießen», teilte Harris mit. «In dem Bild lächelt Herr Putin leicht und Obama tut es bewusst nicht.»

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