Politik

ARD-Umfrage: 91 Prozent der Deutschen wollen stärker bewacht werden

Die neuen Umfragen der ARD geben der Bundesregierung in jeder Hinsicht recht: 9 von 10 Deutschen begrüßen, dass es mehr Polizei auf den Straßen gibt. Die Regierungsparteien freuen sich über eine gemeinsame Zwei-Drittel-Mehrheit. Den Krieg gegen den IS sollen andere führen. Tatsächlich sind diese Umfragen kein Spiegel der Meinung der Bevölkerung, sondern geben Hinweise auf die künftige Politik.
20.11.2015 09:39
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die neueste Umfrage der öffentlich-rechtlichen ARD ergibt, dass die Bundesregierung so viel Zustimmung erfährt wie noch nie – und das in jeder Hinsicht. Die Details zeigen, wie Umfragen benutzt werden, um politische Entscheidungen zu rechtfertigen, die das Land gravierend verändern. Umfragen, speziell von den mit einer Zwangsgebühr finanzierten Sendern, gelten im postdemokratischen System als wegweisend für die Politik – weil sie nicht überprüft werden können, aber einen starken Konformitäts-Druck erzeugen.

Vor diesem Hintergrund ist der neueste Deutschland-Trend zu lesen.

Die Bundesregierung ARD teilt mit:

Neun von zehn Deutschen (91 Prozent) halten die nach den Pariser Anschlägen verschärften Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland für angemessen. Lediglich fünf Prozent befürchten eine zu starke Beeinträchtigung ihrer Grundrechte, etwa durch Anordnungen wie verstärkte Polizeipräsenz und Personenkontrollen. Diese Haltung zieht sich durch alle Bevölkerungsgruppen und Parteianhänger.“

Das bedeutet: Die Leute sind in einem Panik-Modus, der nach den Pariser Anschlägen auch verständlich ist. Bundesregierung und EU-haben das Terror-Problem in den vergangenen Jahren präventiv nicht gelöst. Die schon vor der Flüchtlingskrise zur Norm gewordene unkontrollierte Einreise wie die sich in Frankreich zeigende katastrophale Polizei-Arbeit gegen Extremisten und die mangelnde Integration erzwingen nun den Polizeistaat: Naturgemäß sind die Deutschen dankbar, dass sie be- und überwacht werden. Das tagelange mediale Bespielen des Themas – trotz insgesamt dünner Nachrichtenlage – in den Sendern hat die Leute entsprechend konditioniert. Kritiker der politischen Maßnahmen werden in Zeiten des Terrors sehr schnell als „vaterlandslose Gesellen“ abqualifiziert.

Die Absicht der Umfragen ist in der Aufbereitung der Antworten deutlich zu erkennen. So meldet die ARD, dass außer der AfD alle Parteien stagnieren. Dies führt zu einer bemerkenswerten Interpretation durch den Sender:

Insgesamt erhält die Regierungskoalition 62 Prozent der Wählerstimmen.“

Somit sollten sich alle Demokratie-Fans eines vor Augen führen: Es ist völlig egal, wen sie wählen, es wird sich nichts ändern. Auffällig in diesem Zusammenhang: Die ARD behauptet, die Regierung „erhält“ 62 Prozent „aller Wählerstimmen“. Tatsächlich hat die Regierung die Stimmen von 62 Prozent aller Befragten erhalten.

Die dritte „Erkenntnis“ der Umfrage: Deutschland lässt weiter die Russen und die Franzosen die Kastanien aus dem Feuer holen:

„Die Hälfte der Bundesbürger (52 Prozent) spricht sich momentan gegen eine direkte Bundeswehr-Beteiligung an Kampfeinsätzen gegen den sogenannten Islamischen Staat aus. Bei 41 Prozent der Wahlberechtigten stößt eine deutsche Beteiligung auf Zuspruch.“

Solcherart bestärkt kann Angela Merkel beruhigt ins Wochenende fahren und ihr zehnjähriges Amtsjubiläum ohne Sorge um einen Machtverlust begehen. Tatsächlich sagen die Umfragen über die Meinung der Bevölkerung nichts aus, weil man eigentlich alle massenpsychologischen Einflussfaktoren abziehen müsste. Wenn man Umfragen der Bundesregierung ARD als Hinweis auf die künftige Politik liest, dann haben sie allerdings einen hohen Informationswert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...