Politik

Türkei überrascht kurz vor dem Gipfel mit neuen Forderungen

Die Türkei erhöht in letzter Minute ihre Forderungen an die EU. Laut irischem Premier hat das Land gedroht, bei Nichterfüllung für neue Flüchtlingsströme zu sorgen. Auch die FT meldet, dass es „eine neue Wunschliste“ aus Ankara gebe: mehr Geld, schnellere Visa-Liberalisierung und eine Beschleunigung des EU-Beitrittprozesses.
07.03.2016 14:35
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der EU-Türkei-Gipfel in Brüssel wird bis in den Montagabend verlängert, um über neue türkische Forderungen in der Flüchtlingskrise zu beraten. Die türkische Regierung habe vor Beginn des Gipfels „eine weitere Forderungsliste“ vorgelegt, sagte der irische Ministerpräsident Enda Kenny beim EU-Türkei-Gipfel am Montag in Brüssel. Er verwies dabei auf die von Ankara geforderte Visa-Liberalisierung „und andere Fragen“. Laut Kenny drohte der türkische Premier Ahmet Davutoglu sogar damit, andernfalls Hilfslieferungen für die Flüchtlinge in Syrien zu stoppen, wodurch sich noch mehr Menschen auf die Flucht Richtung Europa machen könnten.

Die „Financial Times“ meldete, es habe „in letzter Minute“ eine „neue Wunschliste“ aus Ankara gegeben. Dazu gehörten eine schnellere Visa-Liberalisierung für türkische Bürger, eine Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses und mehr als die für Flüchtlinge in der Türkei bereits zugesagten drei Milliarden Euro.

Die türkische Seite bietet mehr an und verlangt auch mehr“, sagte ein mit den Verhandlungen vertrauter Diplomat laut Reuters. Die Regierung in Ankara biete etwa an, mehr nicht-syrische Migranten aus der EU zurückzunehmen und nicht nur die, die in der Ägäis aufgegriffen werden, sagte ein zweiter EU-Diplomat. Davutoglu wolle seine Vorschläge beim Mittagessen vorstellen. Danach würden die 28 EU-Regierungen in ihrem Kreis verhandeln, hieß es in Brüssel. Am Abend wolle man dann mit Davutoglu zu einem Abendessen zusammenkommen.

Die Türkei fordere für ihr Entgegenkommen, dass die EU mehr als die vereinbarten drei Milliarden Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei zahlt, sagte ein Diplomat. Zudem müssten weitere Verhandlungskapitel in den EU-Beitrittsgesprächen geöffnet werden – das hat bisher das EU-Land Zypern verhindert. Drittens poche die Regierung in Ankara darauf, dass die eigentlich für Oktober anvisierte Überprüfung der Visa-Liberalisierung für Türken, die in die EU reisen wollen, vorgezogen wird. Die türkische Regierung wollte nur bestätigen, dass neue Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Davutoglu hatte sich zuvor optimistisch zu einem erweiterten EU-Türkei-Abkommen geäußert und betont, dass sein Land auch an einem EU-Beitritt interessiert sei. Er wolle „Schulter an Schulter“ mit den EU-Vertretern „für die Zukunft unseres Kontinents“ arbeiten. Er hoffe, dass der Gipfel „eine Erfolgsgeschichte“ werde.

Die EU hatte bereits Ende November mit der Türkei einen Aktionsplan in der Flüchtlingskrise vereinbart. Ankara verpflichtet sich dabei zu einem verstärkten Grenz- und Küstenschutz sowie zu einem entschlossenen Kampf gegen Schlepper, um die ungeregelte Einwanderung nach Europa zu stoppen.

Im Gegenzug wurden Ankara drei Milliarden Euro für in der Türkei lebende Flüchtlinge zugesagt – wobei die Türkei damals schon angemerkt hat, dass das Geld nicht reichen wird. Darüber hinaus eröffnete die EU ein weiteres Kapitel in den lange auf Eis gelegten Beitrittsverhandlungen und stellte die Eröffnung weiterer Verhandlungsbereiche in Aussicht. Bis zum Herbst soll zudem der Visa-Zwang für türkische Bürger in der EU fallen. Voraussetzung ist jedoch, dass Ankara ein bestehendes Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge mit der EU im Juni vollständig in Kraft setzt.

Währenddessen scheinen beim EU-Gipfel die Fronten zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem Rest der EU-Regierungschefs verhärtet: Merkel lehnt einen Satz im Schlussdokument ab, demzufolge die Balkan-Route nun offiziell geschlossen sei. Vor allem Österreich und Frankreich halten dagegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Iran-Investments: Risiko, Isolation – und gewaltige Renditen?
25.06.2025

Öl, Gas, Pistazien – doch der Iran hat weit mehr zu bieten. Trotz Isolation, Sanktionen und politischer Unsicherheit entwickelt sich...

DWN
Technologie
Technologie Tesla übergibt erste Robotaxis in den Einsatz
24.06.2025

Elon Musk schickt die ersten selbstfahrenden Robotaxis auf die Straße – ohne Fahrer, aber mit vielen Fragezeichen. Warum das Experiment...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferkettengesetz: EU-Staaten streben deutliche Abschwächung an
24.06.2025

Die EU-Staaten streben eine erhebliche Abschwächung der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie an. Unternehmen sollen künftig nur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg als Börsengeschäft: So profitieren Konzerne vom Iran-Angriff
24.06.2025

Die USA greifen Irans Atomanlagen an – mit Waffen von börsennotierten Giganten wie Boeing und Northrop Grumman. Hinter dem Angriff...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nintendo-Aktie im Höhenflug: Trumps Zölle befeuern Switch-Hype
24.06.2025

Die neue Nintendo Switch 2 verkauft sich schneller als jede Konsole zuvor. Doch hinter dem Rekord-Launch steckt mehr als Nostalgie: Die...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt beschlossen: Kabinett billigt Etat - hohe Schulden und steigenden Militärausgaben
24.06.2025

Der Haushaltsentwurf von Finanzminister Klingbeil hat die Zustimmung des Kabinetts erhalten. Die neue Bundesregierung plant umfangreiche...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel brüchig – neue Angriffe trotz Abkommen
24.06.2025

Trotz einer offiziell vereinbarten Waffenruhe haben sich Israel und der Iran gegenseitig militärischer Angriffe beschuldigt. Bereits kurz...

DWN
Politik
Politik EU will Greenwashing-Kontrollen kippen – auf Druck der Rechten?
24.06.2025

In Brüssel tobt ein erbitterter Machtkampf: Das geplante Gesetz gegen Greenwashing droht am Widerstand konservativer und rechter Kräfte...