Gegen Angela Merkels Deal mit der Türkei gibt es nun auch offenen Widerstand in der Regierungskoalition: CSU-Landsgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt hat laut Reuters festgestellt, dass die CSU eine völlige Visafreiheit für die Türkei ablehne. Am Mittwochabend wollen sich die Spitzen von CDU und CSU zu einem Gespräch in Berlin treffen, um Differenzen in der Flüchtlingspolitik auszuräumen.
Merkel versuchte, den Widerstand ins Leere laufen zu lassen und sagte, dass auf dem EU-Gipfel am Donnerstag der von der CSU abgelehnte Beitritt der Türkei gar nicht auf der Tagesordnung stehe. Das ist zwar richtig - doch auch nur die halbe Wahrheit: Denn die EU hat der Türkei die Visafreiheit bereits offiziell in Aussicht gestellt. Sie sollte im Oktober in Kraft treten. Der Türkei fordert jedoch, dass die Regelung bereits im Juni in Kraft tritt. Frankreich lehnt die Visa-Freiheit ebenfalls ab.
Merkel sagte, die Flüchtlingszahlen seien zurückgegangen. Täglich kämen noch 100 bis 200 Flüchtlinge nach Deutschland, die alle registriert würden.
Merkel hatte in den vergangenen Tage allerdings auch kritisiert, dass die Flüchtlingszahlen vor allem durch die Grenzschließungen entlang der Balkanroute zurückgingen. Deutschland profitiere zwar davon, aber für Europa könne es nicht die Lösung sein, dass nun in Griechenland Tausende Flüchtlinge unter schlechten Umständen festsäßen.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl habe von einer Polarisierung und Radikalisierung in der Gesellschaft gesprochen, berichtet die dpa. Es gebe eine Völkerwanderung und die Bedrohung durch internationalen Terror. Da müssten Positionen, etwa dass nur die EU-Außengrenzen kontrolliert würden, überdacht werden. Die CSU fordert auch nationale Grenzkontrollen. Mehrere Abgeordnete von CDU und CSU hätten sich kritisch zu Wort gemeldet, hieß es. Merkel habe von einer «sehr angemessenen Diskussion» gesprochen.
Die Lage ist offenbar ernst genug, um Merkel zu einem Bekenntnis zur Partnerschaft zu veranlassen: Nach der Warnung von Horst Seehofer, wonach die Erfolge der AfD die Unionsparteien bedrohen, sagte Merkel: "Ich bin bereit, die Dinge vernünftig zu behandeln, weil wir zusammengehören", sagte sie nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Die Abgeordneten hatten zuvor mehr als drei Stunden heftig über die Flüchtlingspolitik und die Auswirkungen der Landtagswahlen von Sonntag debattiert.