Politik

Kohl: Lösung für Flüchtlinge liegt in der Region, nicht in Europa

Altbundeskanzler Helmut Kohl kritisiert die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel: Die Lösung des Problems liege in den Regionen, nicht in Europa. Ungarn will in den kommenden Tagen einen Plan präsentieren, wie die Außengrenzen der EU geschützt werden können.
16.04.2016 16:58
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Altkanzler Helmut Kohl hat die von Angela Merkel im Herbst verfügte Grenzöffnung für Flüchtlinge kritisiert. "Die Lösung liegt in den betroffenen Regionen. Sie liegt nicht in Europa. Europa kann nicht zur neuen Heimat für Millionen Menschen weltweit in Not werden", schrieb Kohl im Vorwort zur ungarischen Ausgabe seines Buchs "Aus Sorge um Europa", wie die AFP berichtet.

Der ehemalige Bundeskanzler, der Ehrenbürger Europas ist, kritisierte demnach in dem Vorwort auch die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ohne sie beim Namen zu nennen. Kohl stellte Merkels Entscheidung vom September 2015 in Frage, Flüchtlinge aus Ungarn zur Weiterreise nach Deutschland einzuladen.

"Einsame Entscheidungen, so begründet sie dem einzelnen erscheinen mögen, und nationale Alleingänge müssen der Vergangenheit angehören", zitierte die AFP aus Medienberichten über das Vorwort. Merkel hatte den Entschluss damals nicht mit den EU-Partnern abgesprochen.

Zudem betonte Kohl seine Freundschaft mit dem ungarischen Regierungschef, den schärfsten Widersacher Merkels in der EU. In Europa-Fragen "weiß ich mich mit meinem Freund Viktor Orban einig", schrieb er demnach. Am Dienstag will Kohl Orban bei sich zu Hause empfangen.

Die Europäische Union sieht Kohl wegen der Flüchtlingskrise in einer "Zerreißprobe". Durch den "Rückfall in altes, nationalstaatliches Denken" würden "unser Frieden und unsere Freiheit existenziell gefährdet". Neben den humanitären Aspekten müsse Europa zugleich "wohlbegründete kulturelle und sicherheitspolitische Interessen berücksichtigen".

Viele Flüchtlinge kämen "aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Sie folgen oft auch einem anderen als dem jüdisch-christlichen Glauben, der zu den Grundlagen unserer Werte- und Gesellschaftsordnung gehört". Das führe zu Diskussionen sowie zu Verunsicherungen bei den Menschen. "Es geht um unsere Existenz", schrieb Kohl dem Bericht zufolge.

Den Regierungen der EU-Staaten empfahl er "mehr Miteinander statt Gegeneinander, mehr Vertrauen als Misstrauen, mehr Verlässlichkeit und Berechenbarkeit im Umgang miteinander". Er sei heute "zugleich voller Zuversicht wie voller Sorge". Europa müsse "wieder verstärkt an einem Strang ziehen. Ungarn darf dabei nicht fehlen", schloss Kohl dem Bericht zufolge sein Vorwort.

Kohl wird am Dienstag den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban treffen. Vor dem Treffen hat Ungarns Regierung einen Aktionsplan zur Flüchtlingsabwehr angekündigt. Den Zehn-Punkte-Plan mit dem Titel "Schengen 2.0" werde Ministerpräsident Viktor Orban persönlich in mehreren EU-Staaten vorstellen, darunter auch in Deutschland, hieß am Samstag auf der Internetseite der Regierung. Hauptbestandteil des Plans ist der Schutz der Grenzen des Schengen-Raums. Sollte ein Land dazu außerstande sein, müsse es auf die Unterstützung anderer EU-Staaten oder auf die EU-Grenzschutzagentur Frontex zurückgreifen.

Bei Missbrauch des Asylrechts sieht der Plan schärfere Strafmaßnahmen vor. Sämtliche Asylanträge sollen außerhalb der Europäischen Union in kontrollierten und abgeschotteten so genannten Hot Spots gestellt werden. Der Aktionsplan listet zudem so genannte sichere Drittstaaten auf. Eine Absage wird der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU erteilt. Ungarn hatte im vergangenen Dezember vor dem Europäischen Gerichtshof gegen ein Quotensystem für die Verteilung von Flüchtlingen geklagt. Auf Initiative der Orban-Regierung soll zwischen August und Dezember ein Volksentscheid über die Quotenregelung stattfinden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Cyberbedrohungen: Unternehmen stehen vor einer Zeitenwende – Sicherheit wird zur wirtschaftlichen Überlebensfrage
29.04.2025

Die Weltwirtschaft hat einen neuen, unsichtbaren Frontverlauf – und dieser verläuft mitten durch die digitalen Netzwerke globaler...

DWN
Politik
Politik Die Hälfte der Deutschen glaubt: Elektroautos sind ein grüner Bluff – was das für Europa bedeutet
29.04.2025

Trotz Milliardensubventionen verliert die grüne Transformation rasant an Rückhalt. Bürger zweifeln, Experten warnen – Europa droht der...

DWN
Politik
Politik Spionage AfD: Ex-Krah-Mitarbeiter angeklagt
29.04.2025

Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah steht im Verdacht, für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet zu haben...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle: Deutsche Unternehmen bleiben erstaunlich gelassen
29.04.2025

Trotz der hitzigen Rhetorik aus Washington und düsteren Prognosen internationaler Organisationen wie dem IWF zeigen deutsche Unternehmen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alphabet greift nach Europas Kapital: Anleihe-Offensive des Google-Konzerns mit Signalwirkung
29.04.2025

Die Alphabet-Anleihe ist mehr als ein Finanzmanöver: Sie markiert einen geopolitischen Wendepunkt – und eine Kampfansage im Rennen um...

DWN
Politik
Politik US-Zölle: Trump reagiert auf Druck der Autobranche
29.04.2025

US-Präsident Trump rudert bei seiner Zollpolitik zurück: Nach heftiger Kritik aus der Autoindustrie will das Weiße Haus nun Entlastungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Wertekrieg: Warum es ökonomisch vernünftig ist, das Wort „Vielfalt“ zu streichen
29.04.2025

Von der internationalen Wirtschaftselite kaum beachtet, vollzieht sich derzeit in den USA eine tektonische Verschiebung – nicht in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Microsoft vollzieht leisen Rückzug aus China – Angst vor Trump-Sanktionen wächst
29.04.2025

Während sich die Spannungen zwischen den USA und China weiter zuspitzen, zieht sich ein globaler Technologieriese offenbar still und...