Technologie

Wasserstoff aus Solaranlage: Effiziente Energiegewinnung dank neuer Technologie

Das belgische Startup Solhyd arbeitet an einer neuartigen Technologie zur Wasserstoffproduktion mit Potenzial für die Energiewende. Das Unternehmen entwickelt Lösungen, die erneuerbare Energien direkt in nutzbaren Wasserstoff umwandeln und flexibel einsetzbar sind, ohne die typischen infrastrukturellen Herausforderungen klassischer Systeme.
09.10.2025 08:11
Lesezeit: 3 min
Wasserstoff aus Solaranlage: Effiziente Energiegewinnung dank neuer Technologie
Neue Solaranlagen ermöglichen die Wasserstoffproduktion unabhängig von Wasserquellen (Foto:dpa) Foto: Simon Kremer

Solhyd entwickelt innovative Wasserstoffmodule für die kommerzielle Nutzung

Im belgischen Start-up Solhyd wurden Wasserstoffmodule bis zu einem Stadium entwickelt, das den Start der kommerziellen Nutzung ermöglicht. „Unsere Ausgangsfrage war, wie man Wasserstoff mit Sonnenenergie, der günstigsten Energiequelle, am effizientesten gewinnen kann“, erklärt Jan Rongé, Geschäftsführer und Mitgründer von Solhyd. Er führte eine Gruppe von Journalisten durch die Werkstatt zur Montage der Solar-Wasserstoff-Module sowie über ein Demonstrationsfeld, auf dem Wasserstoff im Testverfahren erzeugt wird. Die Werkstatt des Start-ups befindet sich auf dem Hof Transfarm in der Nähe von Löwen, der derzeit zu einer Art Technologiepark umgestaltet wird. Der Besuch war Teil einer Studienreise, die vom Generaldirektorat Energie der Europäischen Kommission (DG Energy) organisiert wurde. Bei Solhyd wurden Module entwickelt, die Wasserstoff direkt unter Photovoltaikmodulen erzeugen. Das System benötigt weder zusätzliche Energiezufuhr noch eine Wasserquelle, da die Module Wasserdampf direkt aus der Luft aufnehmen. Dadurch kann das System nahezu überall installiert werden, selbst an Orten ohne Stromleitungen oder Wasserzugang.

Solhyd entstand als Spin-off eines Forschungsprojekts, das 2011 an der KU Leuven unter der Leitung von Professor Johan Martens gestartet wurde. An dem Projekt arbeiteten die Forscher Jan Rongé und Tom Bosserez, die 2023 das Start-up Solhyd gründeten. Bisher konnten sie sechs Millionen Euro Startkapital einwerben und elf Mitarbeiter beschäftigen. Derzeit konzentriert sich das Uternehmen auf den Übergang von der Werkstattproduktion zu einer industriellen Produktionsebene, die eine breitere Herstellung von Wasserstoffmodulen ermöglicht. Die Gründer setzen dabei auf die Kombination aus Forschungserfahrung und praxisnaher Entwicklung, um ein marktfähiges System zu schaffen, das gleichzeitig wirtschaftlich und nachhaltig ist.

Erste kommerzielle Projekte in Aussicht

„Die Idee ist einfach, die Hauptaufgabe bestand darin, ein System zu entwickeln, das kosteneffizient ist und eine Massenproduktion ermöglicht“, erläutert Jan Rongé. Dies soll bereits in naher Zukunft umgesetzt werden, und voraussichtlich Ende Oktober soll der Bau des ersten kommerziellen Systems zur Wasserstoffgewinnung mit Solhyds Solar-Wasserstoff-Modulen beginnen. Für das Projekt ist eine Zusammenarbeit mit zwei Investoren geplant, einer aus der Photovoltaikbranche, der andere aus dem Wasserstoffsektor. Das erste kommerzielle Wasserstoffsystem wird eine Produktionskapazität von 50 Kilowatt besitzen. In späteren Phasen sollen deutlich größere Projekte entwickelt werden, mit Kapazitäten von bis zu hundert Megawatt oder sogar einem Gigawatt. Die Solhyd-Module lassen sich beliebig kombinieren, um die Leistung zu erhöhen, ohne dass technologische Anpassungen notwendig sind. Im Mai dieses Jahres präsentierte Solhyd auf dem World Hydrogen Summit in Rotterdam die neuen und verbesserten SM500-Module. Jan Rongé erhielt für seinen unkonventionellen Ansatz zur Gewinnung von grünem Wasserstoff die Auszeichnung Future Leader.

Funktionsweise und Technologie der SM500-Module

Die SM500-Module saugen Luft an und entziehen ihr den enthaltenen Wasserdampf, der anschließend in Wasser umgewandelt und gespeichert wird. In den Modulen sind Elektroden und Membranen integriert, die Wasserstoff und Sauerstoff aus den Wassermolekülen trennen. Die Wasserstoffmodule bestehen aus vergleichsweise preiswerten Materialien und benötigen keine kritischen Rohstoffe. Der erzeugte Wasserstoff kann an einem separaten Ausgang des Moduls entnommen und entweder direkt in Wasserstoffleitungen eingespeist, komprimiert oder verflüssigt und in geeigneten Speichern gelagert werden. Ein einzelnes SM500-Modul erzeugt Wasserstoff mit einer Leistung von 500 Watt und kann mit einem Photovoltaikmodul gleicher Leistung kombiniert werden. Laut Solhyd können die Module mindestens so viel Wasserstoff produzieren wie vergleichbare Elektrolyseure, teilweise sogar mehr. Auf einer Fläche von tausend Quadratmetern könnten zwischen zwei und vier Tonnen Wasserstoff pro Jahr gewonnen werden, wobei zwei Tonnen Wasserstoff etwa der Energie von 6700 Litern Heizöl entsprechen.

Vereinfachte Produktion und Kostenvorteile

Der wesentliche Unterschied zu klassischen Elektrolyseuren besteht darin, dass diese zahlreiche zusätzliche Komponenten benötigen, darunter Pumpen, Kühlsysteme, Wasseraufbereitung, Gas- und Flüssigkeitstrenner, was die Kosten erheblich erhöht. Solhyd-Module benötigen keine dieser Komponenten und erzeugen ihre Energie eigenständig durch Sonnenlicht. „Elektrolyseure sind komplexe Systeme, die 24 Stunden am Tag in der chemischen Industrie eingesetzt werden. Unsere Technologie hingegen ist für die Gewinnung erneuerbarer Energie entwickelt, direkt an Solarzellen angeschlossen und besteht aus wenigen Bauteilen“, erklärt Jan Rongé. Vor rund zehn Jahren wurden im Rahmen eines Entwicklungsprojekts auch eigene Solarmodule entwickelt, in die Wasserstoffmodule integriert wurden. Mit der drastischen Kostensenkung bei Photovoltaikmodulen verwendet Solhyd nun standardisierte, hocheffiziente Module, die lediglich um die Wasserstoffkomponenten ergänzt werden. Auf diese Weise wurde das Produkt vereinfacht und für die kommerzielle Nutzung vorbereitet. Die Wasserstoffmodule lassen sich zudem mit Windturbinen oder Netzstrom betreiben und können als Energiespeicher dienen, die nicht Strom, sondern Wasserstoff speichern.

Obwohl die Solhyd-Module weniger komplex und kostengünstiger als Elektrolyseure sind, könnten die Endkosten für Wasserstoffanwender weiterhin relativ hoch sein. Hinzu kommen Infrastrukturkosten wie Speicher und Transport über Wasserstoffleitungen, die nicht linear steigen können. Darüber hinaus ist Wasserstoff stark entzündlich, sodass eine Skalierung der Produktion stets mit anspruchsvollen Sicherheitsprotokollen, Zertifizierungen und Standards verbunden ist. Diese Faktoren könnten die industrielle Nutzung und den schnellen Markteintritt erschweren, selbst wenn die Technologie selbst kosteneffizient und robust ist. Für Deutschland, das sich ambitionierte Ziele bei der Energiewende und im Bereich grüner Wasserstofftechnologien gesetzt hat, bieten Systeme wie die von Solhyd eine interessante Ergänzung zu bestehenden Elektrolyseuren. Die Möglichkeit, Wasserstoff direkt aus der Luft mit solarer Energie zu erzeugen, könnte insbesondere für ländliche oder infrastrukturschwache Regionen von Bedeutung sein. Gleichzeitig bleiben Sicherheits- und Infrastrukturfragen zentrale Herausforderungen, die auch hierzulande bei der breiten Anwendung solcher Technologien berücksichtigt werden müssen. Die Entwicklungen zeigen jedoch, dass dezentrale, skalierbare Lösungen für grünen Wasserstoff künftig eine wichtige Rolle in der Energieversorgung spielen könnten.

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