Sieben Eigenschaften, die das Vertrauen in Ursula von der Leyen zerstören
Die EU-Abgeordneten stimmen zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten über ein Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab. Das Votum ist zum Scheitern verurteilt. Seit 1979 ist jeder Versuch gescheitert, eine Kommission per Misstrauensvotum zu stürzen. Lediglich die Santer-Kommission trat damals freiwillig zurück.
Hier sind sieben Punkte, die bei Ursula von der Leyen grundsätzlich nicht stimmen und die erklären, warum sie während ihrer gesamten Amtszeit mit Misstrauen und neuen Anträgen rechnen muss.
1. Viele Worte, wenige Ergebnisse
Ursula von der Leyen ist in erster Linie Ideologin und erst in zweiter Linie Politikerin. Sie verkündet gerne, in welchen Bereichen die EU weltweit führend sein sollte. Sie spricht von nachhaltigem Wohlstand, Elektromobilität und sauberer Industrie, doch ihr Schwerpunkt liegt eher auf ideologischer Erziehung als auf konkreten Lösungen für Unternehmen und Bürger.
„Über Werte wird viel gesprochen“, kritisierte Mario Draghi im Sommer, „aber der Skeptizismus ist auf dem Höhepunkt.“ Das Problem liegt nicht darin, dass die Menschen an Werte wie Demokratie, Frieden, Freiheit, Unabhängigkeit, Souveränität oder Wohlstand zweifeln. Das Problem ist, dass sie nicht mehr glauben, dass die EU diese Werte tatsächlich verteidigen kann.
Ergebnisse fehlen. Die Gesellschaft wird gespaltener, weniger produktiv und ärmer.
2. Die Amerikaner sind doppelt so reich, Europa bleibt zurück
„Vor 30 Jahren waren Europäer und Amerikaner gleich wohlhabend, heute sind die USA fast doppelt so reich wie Europa“, sagt Yascha Mounk, Dozent an der Johns Hopkins University.
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) betrug das deutsche BIP pro Kopf 1995 rund 31.920 US-Dollar, das amerikanische 28.700 US-Dollar. Im vergangenen Jahr lag das deutsche BIP pro Kopf bei 55.000 Dollar, das amerikanische hingegen bei 86.000.
Die Kommission rühmt sich, die Energiekrise erfolgreich gemeistert zu haben. Doch der Strompreis für Unternehmen in der EU ist noch immer halb so hoch wie in China und doppelt so hoch wie in den USA. Damit enden die Misserfolge der EU jedoch nicht.
3. Von der Leyen löst Probleme, die es ohne sie nicht gäbe
Von der Leyen präsentiert sich als Kämpferin gegen Bürokratie. Sie will die Unternehmen in der EU von übermäßiger Regulierung und administrativen Lasten befreien, die die Wettbewerbsfähigkeit zerstören. Doch laut dem Bericht von Mario Draghi ist das Gegenteil eingetreten: Zwischen 2019 und 2024 wurden in den USA auf Bundesebene rund 3.500 Gesetzesakte und 2.000 Resolutionen verabschiedet. In der EU waren es im gleichen Zeitraum 13.000 Akte ohne die Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten.
Selbst ihren „Kampf gegen Bürokratie“, die sie selbst geschaffen hat (meist aus ideologischen Gründen), führt von der Leyen auf denkbar bürokratische Weise. Das Ergebnis dieses Kampfes dürfte noch mehr Bürokratie sein.
4. Wer Europa anrufen will, ruft nicht von der Leyen an
Ein zentraler Vorwurf lautet: Wenn man Europa anrufen will, erreicht man nicht Ursula von der Leyen. Um Viktor Orbán zu paraphrasieren: roße Staatschefs „fressen sie zum Frühstück“. Sie kapitulierte vor Trump und seinen Zöllen, blieb bei Xi Jinping wirkungslos. Ob Putin überhaupt ans Telefon ginge? Und weiß man in Japan überhaupt, wer sie ist? „Die Illusion der Bedeutung Europas ist verflogen“, konstatiert Mario Draghi. „Die EU unter von der Leyen ist bedeutungslos geworden.“
5. Skandale, Vertuschungen, gelöschte Daten
Ursula von der Leyen würde am liebsten vergessen machen, dass sie zu Beginn ihrer ersten Amtszeit vom deutschen Bundestag untersucht wurde: wegen Beratungsverträgen aus ihrer Zeit als Verteidigungsministerin. Es ging um mutmaßliche Unregelmäßigkeiten und Vetternwirtschaft: Ihr Ministerium hatte ohne Ausschreibung oder Kontrolle Beraterverträge im Wert von 155 Millionen Euro vergeben. Von der Leyen räumte Gesetzesverstöße bei öffentlichen Aufträgen ein, wies aber persönliche Verantwortung zurück. Daten auf ihrem Diensthandy wurden gelöscht.
Dieses Verhalten setzt sich fort: Im sogenannten „Pfizergate“ ging es um geheime Verhandlungen über den 35-Milliarden-Euro-Vertrag für Corona-Impfstoffe. Die EU-Kommission verweigerte die Offenlegung der Verträge. Erst durch eine Klage der New York Times entschied der Europäische Gerichtshof, dass die Kommission gegen das Prinzip guter Verwaltung verstoßen habe.
Auch im „Macrongate“ blieb Transparenz aus. Die EU-Ombudsfrau leitete eine Untersuchung ein, nachdem die Kommission die Herausgabe von Nachrichten über das Mercosur-Abkommen verweigert hatte. Im Januar 2024 tauschten sich von der Leyen und Frankreichs Präsident Macron über dessen Bedenken zum Schutz französischer Landwirte aus: Alle Nachrichten wurden gelöscht.
6. Wenn der Fuchs die Hühner bewacht
Die Hühner sind die Steuerzahler, der Fuchs ist Ursula von der Leyen.
Während ihrer Zeit als Verteidigungsministerin in Deutschland sorgte die Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock für einen Skandal. Die Kosten sollten zunächst 10 Millionen Euro betragen, am Ende wurden es über 135 Millionen. Gorch Fock wurde zum Symbol für intransparente Verwaltung.
Heute gelten Verteidigung und Militär als neue Lieblingsprojekte von der Leyens. Der Europäische Rechnungshof stellte im Februar fest, dass es bei militärischen Mobilitätsprojekten an klarer Verantwortlichkeit fehlt. Im März folgte ein Bericht, der mangelnde Kontrolle über die Nutzung des 650-Milliarden-Euro-Aufbaufonds attestierte. „Die Europäische Kommission weiß noch immer nicht, ob die Mitgliedstaaten ausreichende Kontrollsysteme haben, um Verstöße gegen Vergaberecht und Beihilfevorschriften zu verhindern“, heißt es im Bericht.
7. Varoufakis gegen von der Leyen
Kritik kommt auch von der progressiven Bewegung Diem25, gegründet vom ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis.
In ihrem Bericht „Vermächtnis der Geheimhaltung und des Niedergangs“ weisen sie auf mögliche Interessenkonflikte von Ursula von der Leyens Ehemann hin. Dieser leitet die globale klinische Entwicklung beim US-Biotechnologieunternehmen Orgenesis, das seit Mai 2020 aktiv an Covid-19-Impfstoffen arbeitet.
Laut Diem25 nutzte Orgenesis wiederholt EU-Finanzierung. Ende 2021 erhielt das Unternehmen über den griechischen Wiederaufbauplan 32 Millionen Euro. Im September 2022 trat Heiko von der Leyen dem Aufsichtsrat einer italienischen Forschungseinrichtung bei, die 320 Millionen Euro aus dem italienischen Wiederaufbaufonds erhielt. Zudem verwaltete Orgenesis vier Millionen Euro an EU-Zuschüssen und erhielt zwei Millionen Euro öffentliche Mittel aus Belgien.
Diem25 erinnert auch an einen älteren Fall: Nach dem Erhalt bedeutender Beraterverträge durch McKinsey stellte die Firma von der Leyens älteste Tochter Johanna in ihrer Berliner Niederlassung ein.
Eine Kommissionspräsidentin im Dauer-Misstrauen
Obwohl sie sich als starke Verteidigerin europäischer Werte inszeniert, ist ihr Führungsstil zunehmend umstritten, selbst innerhalb der CDU. Ihr politisches Überleben hängt weniger von ihrer Leistung ab als von den fehlenden Alternativen in Brüssel.Ursula von der Leyen steht für eine EU, die sich in Ideologie, Bürokratie und Intransparenz verheddert. Ihre Bilanz: viele Ankündigungen, wenige Ergebnisse, wachsendes Misstrauen. Die kommenden Jahre könnten für sie zur permanenten Vertrauensprüfung werden. Die Frage bleibt, wie lange Europa sich noch eine Kommissionspräsidentin leisten kann, deren größter politischer Erfolg darin besteht, Kritik zu überstehen.

