Politik

Schäuble-Plan: Verluste wegen Euro-Rettung erst nach der Wahl

Lesezeit: 2 min
20.05.2016 01:32
Die Bundesregierung will versuchen, die Verluste für die deutschen Steuerzahler wegen der Euro-Rettung in Griechenland erst nach der Wahl zu thematisieren. Danach dürfte nicht mehr vom Schuldenschnitt gesprochen werden. Um formale Verluste zu vermeiden, soll die Rückzahlung auf einen sehr weit in der Zukunft liegenden Termin verschoben werden.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Schuldenerleichterungen für Griechenland auf das Jahr 2018 verschieben und somit einen Parlamentsbeschluss vor der Bundestagswahl vermeiden. Das berichtet das Handelsblatt auf Basis eines als vertraulich eingestuften Schreibens an den Haushaltsausschuss. Darin habe Schäubles Ressort die Bereitschaft signalisiert, Griechenlands Schuldenlast wenn nötig auf ein tragfähiges Niveau zu bringen. „Diese Maßnahmen stünden unter dem Vorbehalt einer vollständigen Programmumsetzung 2018“, zitierte die Zeitung aus dem Papier. Mit Schuldenerleichterungen nach Ende des laufenden Hilfsprogramms würde es sich demnach nicht um eine Änderung des Kreditprogramms handeln, das vom Bundestag gebilligt werden müsste.

Mit dem Trick, das Manöver als Steuererleichterungen zu etikettieren, kann die Bundesregierung nach der Bundestagswahlen die Verluste für die deutschen Steuerzahler als nicht existent darstellen. Auch wenn eine Rückzahlung der Schulden, die aktuell so gut wie komplett bei den europäischen Steuerzahlern liegen, niemals zu erwarten ist, kann die Bundesregierung die Fiktion vermitteln, das Problem gelöst zu haben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Terminologie: Es sollte tunlichst nicht von einem Schuldenschnitt gesprochen werden – obwohl eine Verschiebung de facto einem solchen gleichkäme. Die ganze Prozedur liegt beim ESM, in dessen Gouverneurrat Schäuble sitzt. Die Organe des ESM sind vollständig immun und niemandem gegenüber auskunftspflichtig. In den ESM wurden Gelder der Steuerzahler transferiert, über deren Verwendung die Institution den Steuerzahlern keine Rechenschaft ablegen muss.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schlägt als Methode längere Rückzahlungsfristen vor. Zudem forderte der Fonds „sehr niedrige Zinsen“ für Athen. Nach Gesprächen mit den europäischen Partnern sei der Fonds zu dem Schluss gekommen, dass Griechenlands Schuldentragfähigkeit wiederhergestellt werden könne, sagte IWF-Sprecher Gerry Rice bei einer Konferenz am Donnerstag. Ein Schuldenschnitt sei nicht notwendig, jedoch müsse man dem Land bei den Rückzahlungsbedingungen deutlich entgegenkommen. Die Finanzminister der Euro-Zone werden sich voraussichtlich am 24. Mai treffen, um einen Restrukturierungsplan für Griechenland auszuarbeiten, der die Beteiligung des IWF sicherstellen könne.

Der Fonds pocht darauf, dass Griechenland bei seinen Schulden von über 300 Milliarden Euro entlastet wird. Von Athen verlangt der IWF Abstriche bei den Pensionen und die Abschaffung von Steuerbefreiungen. Die Europäische Zentralbank (EZB), EU-Kommission und IWF haben Griechenland in insgesamt drei Rettungspaketen im Gesamtvolumen vor mehreren hundert Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott bewahrt. Dafür musste sich das Land aber unter anderem zu einschneidenden Sozial-Reformen, Ausgabenkürzungen und Steueranhebungen verpflichten.

Das Geld kam allerdings nicht der griechischen Bevölkerung zugute, sondern wurde zur Rettung der europäischen Banken verwendet, die sich in Griechenland einem extremen Risiko ausgesetzt hatten.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...