Die Euro-Staaten und der IWF verhandeln über eine Rettung der IWF-Kredite durch die europäischen Steuerzahler. Das berichtet die Financial Times aus Verhandlungskreisen. Demnach sollen die Europäer einen 14 Milliarden Euro-Kredit des IWF ablösen. Die Übernahme könnte durch den ESM erfolgen, schreibt die FT. Das Argument der Verhandler: Beim ESM zahlt Griechenland wesentlich niedrigere Zinsen als beim IWF. Außerdem seien noch 16,9 Milliarden Euro übrig, die für die Banken-Rettung der griechischen Banken nicht abgerufen wurden. Diese Umschichtung, die das Risiko für Europas Steuerzahler weiter erhöhen würde, könnte vermutlich ohne Bundestagsbeschluss erfolgen.
Im Gegenzug würde der IWF seine Forderung nach einem Schuldenschnitt für den Moment zurückstellen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte angekündigt, die Debatte über Schuldenerleichterungen erst nach der Bundestagswahl, also am besten im Jahr 2018, zu beginnen. Sollte der Kompromiss zustandekommen, hätten Europas Steuerzahler nicht bloß die Banken gerettet, sondern auch dem IWF die Möglichkeit gegeben, ohne Verluste aus der Euro-Rettung in Griechenland auszusteigen.
Diese Entwicklung belegt einen Trend, den die frühere geschäftsführende Direktorin des IWF, Meg Lundsager, ins Gespräch gebracht hatte. Lundsager sagte laut dem englischsprachigen Dienst von Reuters, dass sich der IWF vollständig aus Griechenland zurückziehen solle. Die Eurozone sollte ihre Probleme selber lösen.
Seit geraumer Zeit stellt der IWF die Forderung nach einem Schuldenschnitt, dem sich die Bundesregierung, aber auch Frankreich und Italien bisher verweigern. Dieser verstoße gegen die europäischen Verträge, betonte unlängst Finanzminister Schäuble. Der Bundestag hat das dritte Kreditpaket nur unter der Bedingung bewilligt, dass der IWF an Bord bleibt. Andererseits ist das Programm von insgesamt 86 Milliarden Euro auch ohne den IWF ausreichend finanziert.
Somit ist zu erwarten, dass der IWF sich vielleicht als Berater, nicht aber als Financier an weiteren Krediten für Griechenland beteiligen will. Dazu liefert Meg Lundsager einige Anhaltspunkte. Sie zielt dabei auf Deutschland ab. „In der Regel müssen nur Nationen in Wirtschaftskrisen die Anpassungslasten tragen. Das sollte nicht sein. Starke Länder wie Deutschland sollten Ausgaben zur Unterstützung der EU aufstocken, um im Ergebnis schwächere Volkswirtschaften zu stützen und das Wachstum in der Eurozone insgesamt zu erhöhen.“
Lundsager betont zwar, es gäbe keinen Mechanismus, um Deutschland dazu zu bringen, eine solche Politik zu betreiben. Stattdessen fiele die volle Belastung auf die EZB, um das Wachstum in der Euro-Zone zu unterstützen.
Doch Lundsager geht noch einen entscheidenden Schritt weiter, indem sie fordert, einen Transfer-Mechanismus zu installieren: „Der Internationale Währungsfonds hat Europa dazu gedrängt, eine echte Fiskalunion mit zentralisierten Haushaltseinnahmen und Ausgabenentscheidungen aufzubauen, um die Spannungen in der gesamten Region zu verringern. Ein Anfang könnte ein grundlegendes, soziales Sicherheitsnetz für ganz Europa sein. Eine neue, zentrale Organisation würde Einnahmen sammeln und Geldmittel an Staaten in Not verteilen. Weitere Schritte in Richtung Fiskalunion könnten folgen. Dies würde helfen, die öffentliche Unterstützung für die schwierigen, wirtschaftlichen Veränderungen zu erreichen und im Lauf der Zeit die Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen in ganz Europa generieren.“
Vor allem EU-Kommissionpräsident Juncker setzte sich entschieden dafür ein, das Land im Verbund der Gemeinschaftswährung zu halten. Die USA – ihr Anteil am IWF beträgt knapp 17 Prozent – hatten im vergangenen Jahr darauf bestanden, dass Griechenland weitere Kredite erhält, aber auch erwähnt, dass dies nicht am IWF scheitern dürfe.
Hintergrund sind vor allem geostrategische Erwägungen – und diese dürfte auch Juncker im Blick haben. Selbst ESM-Chef Klaus Regling wies darauf hin, „dass man das Land nicht einfach anderen Mächten überlassen darf“. Für die Regierung in Washington steht im Vordergrund, dass sie die geopolitischen Aspekte fest im Griff hat. Und Geopolitik bezieht sich stets auf das zielgerichtete Handeln von Großmächten, um Herrschaft, Kontrolle oder Einfluss über einzelne Regionen auszuüben. Griechenland ist für die USA ein äußerst wichtiger Partner an der Nato-Südostflanke. Keinesfalls würde Amerika daher zulassen, dass das Land destabilisiert wird und als Failed State endet. US-Finanzminister Jack Lew forderte daher am Rande des G7-Treffens in Japan laut FT den Finanzminister Frankreichs, Michel Sapin, und den Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem auf, einen Schuldenschnitt herbeizuführen. Sapin ist aktuell wegen einer Sex-Affäre unter Druck und daher nur bedingt handlungsfähig.
Die USA fahren in allen Bereichen eine klare Strategie im Hinblick auf Partnerschaften mit den Einzel-Staaten, um die Nato zu stärken. Die militärische Komponente hat für die USA eindeutig den Vorrang vor politischen Erwägungen. Selbst wenn die neue Regierung in Warschau im Streit mit der EU liegt – die neue Nato-„Speerspitze“ testet seit Dienstag in Polen mit mehr als 1500 Soldaten den Ernstfall. Eine zehntägige Übung unter der Bezeichnung „Brilliant Jump 2016“ habe begonnen, erklärte das polnische Verteidigungsministerium. Der Hintergrund: In Krisensituationen solle die „Speerspitze“ rasch ins nördliche Europa verlegt werden können.
Auch in Estland führt die Nato ein großangelegtes Manöver durch. Das Manöver „Frühlings-Sturm“ wird direkt an der Grenze zu Russland durchgeführt.