Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Herr Zanni, Sie plädieren für eine Auflösung des Euro-Währungsverbundes. Warum?
Marco Zanni: Weil der Euro als Einheitswährung nicht funktioniert. Die Volkswirtschaften der Euro-Zone sind hierfür einfach zu unterschiedlich. Das führt dazu, dass die Handelsbilanzen zwischen den einzelnen Ländern unausgeglichen sind. Deutschland beispielsweise sitzt nun auf einem gigantischen Handelsbilanzüberschuss, während andere Länder, vor allem im Süden Europas, gigantische Defizite aufhäufen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble sagen: Die Wettbewerbsfähigkeit in den Ländern des Südens, aber auch in Frankreich, muss verbessert werden.
Marco Zanni: Das ist doch illusorisch. Wir können uns nicht gegenseitig immer so weit runterregulieren, bis die Arbeitnehmer am Ende gar nichts mehr verdienen. Dann wären unsere Volkswirtschaften erst recht erledigt, weil niemand mehr etwas kaufen kann.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Und die ganzen Hilfsprogramme entfalten keine Wirkung?
Marco Zanni: Die ganzen Milliarden, die in das System gepumpt werden – etwa um einen Staatsbankrott Griechenlands zu verschleppen – haben sichtbar zu keiner volkswirtschaftlichen Erholung dieser Länder geführt. Und dies verhindert nicht zuletzt der Euro selbst. Die Wachstumsraten der Länder der Euro-Zone liegen deutlich hinter denen der europäischen Länder zurück, die den Euro nicht haben. Die Geschichte zeigt übrigens, dass Währungsunionen – mit Ausnahme derjenigen zwischen der Schweiz und Lichtenstein – noch nie funktioniert haben. Dafür neigen sie dazu, immer undemokratischer zu werden. Die aktuelle Entwicklung der EU ist hierfür ein Beleg.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die ganzen Gelder, Kredite und Garantien waren also für die Katz?
Marco Zanni: Geld verschwindet ja nicht einfach. Nur landet es eben nicht da, wo es volkswirtschaftlich betrachtet sinnvoll wäre. Um die Eurozone in ihrer jetzigen Form zu erhalten, wären allerdings noch ganz andere Summen nötig.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Von welchen Summen reden wir?
Marco Zanni: Der französische Ökonom Jacques Sapir hat ausgerechnet, dass allein Deutschland Transferzahlungen von 230 Milliarden Euro pro Jahr leisten müsste. Und das über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Bei einem Bundeshaushalt von vielleicht 300 Milliarden wäre der Posten „Euro-Rettung“ damit mit Abstand der größte.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Knapp 80 Prozent des Bundeshaushalts würden für die Eurorettung draufgehen?
Marco Zanni: Es liegt auf der Hand, dass dies nicht möglich wäre. Selbst in Deutschland könnte dann die Stimmung gegen Frau Merkel und die Euro-Apologeten kippen. Wir sollten die Eurozone auflösen, bevor es in Europa zu einem Bürgerkrieg kommt. Noch nie war die Stimmung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg so vergiftet wie heute.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Aber ist eine Euromitgliedschaft laut dem Vertrag von Lissabon nicht irreversibel?
Marco Zanni: Tatsächlich. Man hat schon sehr darauf geachtet, ein Haus ohne jeglichen Brandschutz zu konstruieren und die Notausgänge zu verbarrikadieren.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Schlagen Sie denn vor, sich über diesen Vertrag hinwegzusetzen?
Marco Zanni: Aber hatte der deutsche Finanzminister Schäuble nicht ebenfalls einen zeitweiligen Ausstieg Griechenlands aus dem Euro ins Spiel gebracht? Fakt ist jedenfalls: Recht und Gesetz werden in der EU permanent gebeugt, um dieses Wahnsinnskonstrukt Euro am Leben zu erhalten. Wir müssen uns an einen Tisch setzen und darüber verhandeln, wie wir die Eurozone einvernehmlich auflösen können. Denn der Euro in seiner jetzigen Form wird scheitern. Nur sollten wir bis dahin nicht noch mehr Porzellan zerschlagen, als es schon geschehen ist.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Und wenn wir den Euro auflösen, brauchen wir dann noch eine europäische Bankenunion?
Marco Zanni: Meiner Ansicht nach nicht. Ohne den Euro können wir uns diese Bankenunion sparen. Ich möchte an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass die italienischen Banken zwar auf über 300 Milliarden Banken an faulen Krediten sitzen, diese aber zu etwa 80 Prozent in die Realwirtschaft geflossen sind. Anders sieht es beispielsweise bei der Deutschen Bank oder der BNB Paribas aus. Die haben bis zu 80 Prozent in Kreditausfallversicherungen und ähnliche Finanzprodukte investiert.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Noch ein Wort zu einer besonders krisengeschüttelten Bank, der Monte dei Paschi di Siena?
Marco Zanni: Ich glaube, dass die Monte dei Paschi verstaatlicht werden sollte. Der Staat hat sich da ja ohnehin schon – etwa über die sogenannten Tremonti- Bonds – engagiert. Bevor wir noch ewig halbgare Lösungen vorschlagen, sollte der Staat hier für klare Verhältnisse sorgen.
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Seit 2014 ist Marco Zanni Abgeordneter der 5-Sterne-Bewegung im Europäischen Parlament. Sein Verantwortungsbereich liegt im Haushaltsausschuss sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.