Finanzen

Politiker aus Europa erleichtert über Stress-Test

Lesezeit: 3 min
26.10.2014 15:05
Europäische Politiker zeigen sich erleichtert über die Ergebnisse des EZB-Stresstests. Der spanische Premierminister Mariano Rajoy ist „stolz“ auf den heimischen Banken-Sektor. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagt, dass die deutschen Banken gut vorgesorgt hätten. Es seien keine weiteren Maßnahmen zur Kapitalstärkung nötig.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Beim europaweiten Bankencheck der Europäischen Zentralbank (EZB) sind 25 der 130 untersuchten wichtigsten Geldhäuser durchgefallen. Insgesamt beträgt die Kapitallücke 25 Milliarden Euro, wie die EZB am Sonntag mitteilte. 13 Geldhäuser müssten die Lücke noch füllen, zwölf hätten dies bereits getan und ihre Bilanzen um 15 Milliarden Euro gestärkt. Im Folgenden erste Reaktionen.

Mariano Rajoy, spanischer Ministerpräsident:

„Das spanische Finanzsystem ist hervorragend. Das ist unerlässlich, um die Erholung der spanischen Wirtschaft zu stützen. Es ist sehr schwierig und sehr kompliziert gewesen, aber heute hat die Europäische Zentralbank nach der Untersuchung aller Banken gesagt, dass das spanische Finanzsystem am Leben ist, und deshalb bin ich sehr stolz und zufrieden.“

Hans Michelbach, Unions-Obmann im Finanz-Ausschuss:

„Dass die deutschen Banken es geschafft haben, ist positiv. (....) Es ist aber auch so, dass die Zahl der faulen Kredite mit 880 Milliarden Euro extrem hoch ist. Das ist das Damoklesschwert, das über den Bilanzen der Banken schwebt. (...) Der Stress-Test ist nur eine Etappe.“

Carsten Schneider, SPD-Fraktionsvize im Bundestag:

„Jetzt sind die Banken aufgefordert, dieses neue Vertrauen zu nutzen: Für mehr Kreditvergabe, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, aber auch zur Konzentration auf ihre eigentliche Rolle, der realen Wirtschaft zu dienen“.

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanz-Minister:

„Die Ergebnisse bestätigen meinen Eindruck, dass die deutschen Banken gut vorgesorgt haben. Es sind keine weiteren Maßnahmen zur Kapitalstärkung nötig (...) Danach greift eine klare Haftungskaskade, die wir auf europäischer Ebene vereinbart haben. Staatliche Mittel stünden dabei an letzter Stelle.“

Gerhard Schick, Grünen-Sprecher für Finanzpolitik:

„Die heutigen Ergebnisse zeigen, dass das (die Ausstattung mit Eigenkapital) bei einigen Banken nach wie vor nicht ausreicht, sondern eine weitere Aufstockung des Eigenkapitals notwendig ist. Der Stresstest bestätigt somit alle, die sich nicht auf die geschönten Eigenkapitalquoten der Banken nach dem risikogewichteten Ansatz verlassen haben, sondern die zu geringe Gesamtkapitalausstattung moniert haben.“

Kevin Corrigan, Kreditchef von Lombard Odier Investment Managers:

„Dies dürfte Investoren etwas Vertrauen geben, dass die Landschaft vom Standpunkt des Direktinvestments aus nicht uninvestierbar ist. Aber die Krankheiten der europäischen Wirtschaft werden nicht allein dadurch geheilt, dass genügend Kapital vorhanden ist. Es bleibt abzuwarten, in welchem Ausmaß dies die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen erleichtert.“

Ralph Brinkhaus, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag:

„Dies ist ein gutes Ergebnis für das deutsche Bankensystem. (...) Allerdings gibt es keinen Grund, in den Anstrengungen nachzulassen. Die Eigenkapitalsituation und Liquidität der Banken muss weiter verbessert werden“.

Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank:

„Die europäischen Banken sind jetzt sicherlich besser kapitalisiert als zu Beginn der Übung. Die Tatsache, dass ungefähr ein Fünftel der geprüften Banken zunächst durch den Test gefallen ist, zeigt, dass die Anforderungen an die Banken anspruchsvoll waren. Ist das europäische Bankensystem damit aber bereits zukunftsfest? Sicherlich nicht. Viele Geschäftsmodelle sind nicht oder noch nicht an die gestiegenen Anforderungen der Regulatorik und, besonders wichtig, an die der Kunden ausgerichtet.“

Phoebus Theologites, Chief Investment Officer bei Steppenwolf Capital:

„Es ist die bislang ehrlichste Einschätzung des trostlosen Zustands der Eurozonen-Banken seit der weltweiten Finanzkrise und, wenn überhaupt, kann ich die EZB nur dafür loben, eine solche Haltung einzunehmen. Jetzt, da die Zahlen offiziell sind, erwarte ich, dass der Euro STOXX 50 Banken-Index und der Euro STOXX 50 Index morgen für eine ganze Weile sehr schwach eröffnen werden - da die Größenordnung und der Prozentsatz der Ausfälle deutlich darüber liegen, was einige erwartet haben.“

Max Anderl, Chef von Concentrated alpha der UBS:

„Es sind viele Informationen, die detailliert angeschaut werden müssen - sowohl bei der Einschätzung der Qualität der Vermögenswerte als auch beim Stresstest. Aber der erste Eindruck ist, dass es wenig Überraschungen gab. Wir erwarteten einen harten und daher glaubwürdigeren Test. Von daher war nicht davon auszugehen, dass alle 130 Institutionen gut abschneiden würden. Wie erwartet, fielen 25 Institutionen durch. Tatsächlich bezieht sich das Dokument auf viele der 'üblichen Verdächtigen', in den angegeben Bereichen vor allem in Griechenland, Portugal und Italien“

Erik Nielsen, Chef-Volkswirt bei Unicredit:

„Es gibt zu viele Entscheidungsträger die glauben, dass allein die Veröffentlichung des AQR und der Stresstests für eine Erhöhung der Kreditvergabe der Banken an den privaten Sektor sorgen wird, der dann irgendwie die Erholung auslösen wird. Aber das ist extrem unwahrscheinlich. Bei weitem der größte Teil des 'Kreditvergabeproblems' ist ein Nachfrageproblem. Die Kreditvergabe an den Unternehmenssektor hinkt in der Eurozone immer sechs bis neun Monate hinter dem BIP hinterher, und ich sehe keinen Grund, warum dies diesmal wesentlich anders sein sollte. Die Annahme, dass die Kreditvergabe irgendwie dem BIP vorangehen könnte, ist eine Illusion und ich weiß nicht, wie das irgendwie in die Diskussion gekommen ist.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...