In Erwartung einer längerfristig lockeren Geldpolitik der großen Notenbanken haben Anleger am Donnerstag bei Aktien zugegriffen. Aus dem Protokoll der jüngsten Fed-Ratssitzung schlossen sie, dass sich die US-Notenbank mit ihrer geplanten Zinserhöhung Zeit lassen wird. In Europa rechneten sie zudem mit weiteren Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) und drückten damit den Euro auf den tiefsten Stand seit Dezember 2005.
Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich zeitweise auf 1,1753 Dollar. Der Dax verabschiedete sich mit einem Plus von 3,4 Prozent bei 9837,61 Punkten in den Feierabend. Das ist der größte Tagesgewinn seit August 2012. Gleiches galt für den EuroStoxx50, der 3,6 Prozent auf 3136,15 Zähler gewann. An der Wall Street legten Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 jeweils etwa 1,7 Prozent zu.
HSBC-Devisenexperte Daragh Maher begründete die Erwartung einer behutsamen Straffung der US-Geldpolitik unter anderem mit den verhaltenen Fed-Aussagen zum Einfluss der aktuellen Dollar-Aufwertung auf die heimische Konjunktur. "Offenbar werden die Zentralbanker einen starken Dollar tolerieren." Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen wie Euro oder Yen widerspiegelt, markierte am Donnerstag mit 92,528 Punkten ein Neun-Jahres-Hoch.
Gleichzeitig stieg nach den Inflationsdaten vom Vortag der Druck auf die EZB, mit Hilfe breit angelegter Wertpapierkäufe der heimischen Konjunktur unter die Arme zu greifen und die drohende Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen, zu verhindern. Die Währungshüter würden voraussichtlich schon bei ihrer Ratssitzung am 22. Januar das sogenannte Quantitative Easing (QE) beschließen, schrieben die Analysten der Essener National-Bank in einem Kommentar. Der Bund-Future, der am Vortag wegen dieser Spekulationen auf ein Rekordhoch von 157,26 Punkte gestiegen war, bröckelte auf 156,31 Zähler ab.