Die Europäische Union steht kurz vor einer Einigung über ihr mittlerweile 18. Sanktionspaket gegen Russland. Laut Angaben aus EU-Kreisen soll die neue Runde auch eine gesenkte Preisobergrenze für russisches Öl enthalten – ein Schritt, der die Einnahmen des Kreml weiter beschneiden soll.
Vier EU-Quellen berichteten nach einem Treffen am Sonntag, dass man sich grundsätzlich auf alle Elemente des Sanktionspakets verständigt habe. Ein Mitgliedstaat habe jedoch weiterhin technische Einwände gegen die vorgesehene neue Ölpreisobergrenze, wie Reuters unter Berufung auf diplomatische Kreise meldet.
Eine endgültige Einigung könnte bereits am Montag erfolgen, also noch vor dem Treffen der EU-Außenminister am Dienstag in Brüssel. Dort soll das Paket offiziell beschlossen werden.
Dynamischer Preisdeckel auf russisches Öl
Kernpunkt der neuen Maßnahmen ist ein dynamischer Preismechanismus. Die Europäische Kommission hatte am Freitag vorgeschlagen, eine flexible Ölpreisobergrenze einzuführen, die 15 Prozent unter dem durchschnittlichen Marktpreis der letzten drei Monate liegen soll.
Laut einer Quelle soll der Startpreis bei rund 43,40 Euro pro Barrel (entspricht etwa 47 US-Dollar) liegen, basierend auf dem durchschnittlichen russischen Ölpreis der letzten 22 Wochen, abzüglich der vereinbarten 15 Prozent. Der Referenzpreis soll künftig nur noch zweimal jährlich – alle sechs Monate – überprüft werden, statt wie ursprünglich geplant vierteljährlich.
Die Slowakei, die die Verhandlungen über das Paket lange blockiert hatte, fordert weiterhin Garantien von der EU-Kommission in Bezug auf geplante Eingriffe in die russischen Gaslieferungen. Dennoch hat das Land dem Paket nach Angaben der Quellen bereits zugestimmt.
Da Sanktionen in der EU einstimmig beschlossen werden müssen, war die Zustimmung Bratislavas entscheidend.
Deutschland steht unter Anpassungsdruck
Die erneute Verschärfung der Ölpreisgrenze betrifft auch Deutschland unmittelbar. Zwar bezieht die Bundesrepublik laut Regierung keine direkten russischen Öllieferungen mehr – doch durch internationale Marktverflechtungen wirken Preisdeckel indirekt auf Raffinerien, Händler und Versicherungen in Europa. Zudem könnten Reaktionen Russlands auf die Preisobergrenze – etwa durch Angebotsverknappung – zu Preissprüngen auf den globalen Märkten führen, was Industrie und Verbraucher auch in Deutschland belastet.
Die Bundesregierung steht somit vor der Herausforderung, eigene Reserven und Energiebeziehungen so zu steuern, dass neue Schocks vermieden werden. Auch der Finanzsektor dürfte betroffen sein, da die EU laut Entwurf gezielt gegen Umgehungskanäle russischer Kapitalströme vorgeht.
Ziel: Moskaus Energieeinnahmen weiter schwächen
Die Preisobergrenze der G7 wurde ursprünglich im Dezember 2022 eingeführt, um die russischen Einnahmen aus dem Ölgeschäft zu begrenzen. Inzwischen hat sich jedoch gezeigt, dass der damalige Wert von 60 US-Dollar pro Barrel (aktuell rund 55 Euro) weitgehend seine Wirkung verloren hat – nicht zuletzt, weil die Preise an den Terminmärkten gefallen sind.
Die Maßnahme untersagt den Transport, Handel sowie die Versicherungs- und Rückversicherungsdienste für russisches Öl, wenn dieses über dem festgelegten Höchstpreis verkauft wird – und zwar bei Tankerexporten.
Das neue Paket, das die EU-Kommission Anfang Juni vorgeschlagen hatte, zielt auf eine weitere Austrocknung der russischen Energieeinnahmen. Neben dem Ölpreisdeckel beinhaltet es ein Verbot von Finanztransaktionen im Zusammenhang mit den Nord-Stream-Pipelines. Zudem soll der Zugriff Russlands auf Finanzsysteme und Sanktionsumgehungsnetze weiter eingeschränkt werden.
Laut einer der Quellen sind auch eine russische Ölraffinerie in Indien sowie zwei chinesische Banken von den Maßnahmen betroffen.