Finanzen

Großbritanniens Wirtschaft ist abhängig vom Finanzsektor

Lesezeit: 2 min
02.02.2015 23:49
Die britische Wirtschaft ist 2014 so schnell gewachsen wie seit sieben Jahren nicht mehr. Das Land lässt Deutschland weit hinter sich zurück. Grund für das starke Wachstum ist der mächtige Finanzsektor. Die Realwirtschaft hingegen lahmt.
Großbritanniens Wirtschaft ist abhängig vom Finanzsektor

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die britische Wirtschaft hat 2014 kräftig zugelegt und dabei auch Deutschland weit hinter sich gelassen. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 2,6 Prozent zu, wie das Statistikamt am Dienstag mitteilte. Grund dafür ist die starke Währung und die Bedeutung des Finanzsektors. Die Geldschwemme der EZB lässt vermuten, dass das Pfund gegen den Euro im Laufe des Jahres weiter aufgewertet wird.

„Zwar ist die deutsche Wirtschaft nicht erster Adressat der enorm expansiven EZB-Politik, doch sie dürfte davon vor allem über die Wechselkurseffekte mit am stärksten profitieren“, analysiert Michael Holstein von der DZ Bank. Die Bundesregierung hat daher auch die Prognose für Deutschland nach oben revidiert und rechnet für dieses Jahr mit einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent - und bleibt somit weit hinter Großbritannien zurück.

Mit der Realwirtschaft hat das starke Wachstum in Großbritannien nur wenig zu tun: Zum Jahresende kühlte sich die Konjunktur etwas ab: Die Wirtschaftsleistung legte von Oktober bis Dezember nur 0,5 Prozent zu. Im Sommer hatte das Wachstum noch 0,7 Prozent betragen. Das britische Pfund hat sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu den Währungsschwankungen des Dollar, des Euro und nun auch des Schweizer Franken als robust erwiesen. London gilt als solider Finanzmarkt und zieht Investoren aus der ganzen Welt an.

Die Bank of England hat daher auch entschieden, die niedrigen Zinsen noch beizubehalten. Angesichts der unerwünscht niedrigen Inflation sind die Gegner der ultra-lockeren Geldpolitik im Führungsgremium der Zentralbank verstummt. Sie stimmten erstmals seit Monaten für die Beibehaltung des historisch niedrigen Leitzinses von 0,5 Prozent. An den Märkten wird nun damit gerechnet, dass die Notenbank erst gegen Mitte nächsten Jahres die Zinsen anziehen wird.

Hintergrund ist, dass die Preise auf der Insel nur noch langsam steigen. Sie legten im Dezember nur um 0,5 Prozent zu – so schwach wie seit 14 Jahren nicht mehr. Damit ist die Notenbank meilenweit davon entfernt, ihr Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen. Die Bank of England (BoE) rechnet nun sogar damit, dass die Preise irgendwann in der ersten Jahreshälfte fallen werden.

Hinzu kommt, das maue Wirtschaftsdaten auf eine Abschwächung des jüngsten Booms zum Jahresende 2014 hindeuten. Die Realwirtschaft Großbritanniens wird vor allem durch den Bausektor ausgebremst. Im letzten Quartal schrumpfte der Sektor um 1,8 Prozent. Das ist das schlechteste Ergebnis seit fast drei Jahren, berichtet Dailymail. Der Handwerks-Sektor stagniert (+0,1%) ebenso wie die Produktion (-0,1%). Das Handwerk liegt immer noch 5,4 Prozent unterhalb des Niveaus vor der internationalen Finanzkrise, der Bauindustrie fehlen sogar knapp 8 Prozent. Einzig der Dienstleistungssektor sorgt mit 0,8 Prozent noch für Wachstum in der Realwirtschaft Großbritanniens.

Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Jahreslöhne aus, die bis zu 1.600 Pfund niedriger liegen als im Jahr 2010. Genau 100 Tage vor den nächsten Wahlen in Großbritannien versucht die Labour-Partei, die Regierung für die schwachen Wirtschaftsdaten zur Verantwortung zu ziehen: „Der Bausektor lahmt, Unternehmen investieren weniger und die Exportziele werden nicht erreicht“, sagt Labour-Abgeordneter Ed Balls.

Die Regierung hofft indes darauf, dass der sinkende Ölpreis der britischen Industrie helfen könnte und die Ausgaben von Unternehmen und Haushalte wieder ankurbelt. Die starke Währung dürfte die britischen Exporte jedoch noch lange Zeit dämpfen.

 

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..



DWN
Politik
Politik DWN Exklusiv – Folker Hellmeyer: „Wir erleben die größte existenzielle Krise seit 1949“
28.05.2023

Die Machtachsen verschieben sich zu Ungunsten des Westens, konstatiert Folker Hellmeyer, Experte für Weltwirtschaft und Geopolitik. Ein...

DWN
Finanzen
Finanzen So wird der Yuan zur Reservewährung für Eurasien und Afrika
28.05.2023

Große Teile der Welt ersetzen den Dollar für Importe und Exporte durch den Yuan. Die Entwicklung erinnert an die Einführung des...

DWN
Ratgeber
Ratgeber Rentenberater erklärt: So gehen Sie vorzeitig in Rente
28.05.2023

Bis zum Jahr 2031 steigt das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre. Doch es gibt Tricks, um früher in Rente zu gehen. Wir haben mit einem...

DWN
Technologie
Technologie Methanol: eine sinnvolle Alternative zu Wasserstoff und Batterie
28.05.2023

Methanol kann es leicht per Tankwagen transportiert und zudem ohne kostenintensive Umbauten über das bereits bestehende Tankstellennetz...

DWN
Finanzen
Finanzen Gebäudetyp E: Einfach (mehr) bauen
28.05.2023

In Deutschland fehlt Wohnraum, und die Bauwirtschaft befindet sich weiter in einer Abwärtsspirale. Ein möglicher Ausweg aus der Krise ist...

DWN
Politik
Politik Die EU-Kommission agiert beim Datenschutz wie ein Terrorist
27.05.2023

Wenn die EU-Kommission Facebook erneut mit hohen Strafen belegt, macht sie nur ihrem Ärger darüber Luft, dass Europa den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Gold-Exporte gehen nicht mehr nach Westen
27.05.2023

Wegen der Sanktionen des Westens kann Russland kein Gold mehr nach London exportieren. Stattdessen gehen die russischen Gold-Exporte nun...

DWN
Deutschland
Deutschland Weik: „An diesen neun Punkten wird Deutschland scheitern“
27.05.2023

Die Zukunftsaussichten für den Wirtschaftsstandort Deutschland und somit für den Wohlstand des Landes und seiner Bürger sehen...