Politik

Schwedische Zentralbank wirft die Gelddruck-Maschine an

Die schwedische Zentralbank folgt dem Beispiel der EZB und beginnt mit dem Ankauf von Staatsanleihen. Damit wollen die schwedischen Parteien die Staatsfinanzierung über die Notenbank laufen lassen, um Einsparungen in den öffentlichen Haushalten vermeiden zu können.
12.02.2015 13:10
Lesezeit: 2 min

Die schwedische Notenbank hat den Leitzins am Donnerstag auf minus 0,1 Prozent gesenkt und kündigte zugleich den Ankauf von Staatsanleihen im Umfang von zehn Milliarden Kronen (rund einer Milliarde Euro) an, um die Inflation anzuheizen. Dahinter steht offiziell die Sorge, dass die Preise in dem skandinavischen Land auf breiter Front fallen. Dann könnte die Wirtschaft in eine Abwärtsspirale aus Konsumzurückhaltung, Lohnverfall und stockenden Investitionen geraten. Die Zentralbank folgt damit dem Ankaufprogramm der EZB.

Diese Sorge scheint allerdings nur vorgeschoben: Das Problem der schwedischen Wirtschaft sind nicht zu geringe Preise, sondern eine in vielen Segmenten unproduktive Arbeitsweise. So stecken die schwedischen Autobauer seit Jahren in der Krise. Volvo musste von den Chinesen gerettet werden, Saab gar komplett aufgeben. Viele Unternehmen haben sich noch nicht auf die Innovationen eingestellt, mit denen sie effizienter produzieren könnten.

Hinzu kommt, dass die schwedischen Regierungsparteien vor einigen Wochen beschlossen haben, ihre Zusammenarbeit auch über die nächsten Parlamentswahlen hinaus fortzusetzen. Daraus dürfte folgen, dass die Konservativen, Sozialdemokraten und Grünen ihrer jeweiligen Klientel mit diversen Segnungen entgegenkommen werden, die natürlich aus Steuern zu finanzieren ist. In einem solchen Konzept ist es eigentlich alternativlos, dass die eigene Notenbank die Staatsfinanzierung übernimmt.

Mit der Leitzinssenkung unter die Null-Linie folgt Schweden außerdem dem Beispiel von Dänemark und der Schweiz, die damit auf eine Schwächung ihrer Währung zum Euro abzielen. Die schwedische Krone fiel nach der Entscheidung im Vergleich zum Euro auf ein Sechs-Jahres-Tief, wie Dagens Industri berichtet. Damit soll über den Wechselkurs die Inflation angeheizt werden. Im vorigen Jahr waren die Preise auch wegen des billigen Öls nur in einem Monat gestiegen.

Die Notenbank in Stockholm hat es dabei anders als die EZB nicht mit einer Wirtschaftsschwäche zu tun: Die heimische Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 2,7 Prozent wachsen. Die EZB rechnet hingegen für die Euro-Zone nur mit einem Plus von 1,0 Prozent. Notenbankchef Stefan Ingves sieht es allerdings als "deutliches Risiko", dass die Verbraucher ihren Konsum verstärkt auf Pump finanzieren - ihre Verschuldungsquote ist eine der höchsten in Europa. Da die Finanzinstitute nun sogar eine Strafgebühr bei der Geldbeschaffung zahlen müssen, dürften sie diese Kosten an Kunden weitergeben. In der Folge könnten sich Verbraucherkredite verteuern. Die Notenbank signalisierte zugleich, dass sie die Staatsanleihekäufe ausweiten könnte und den Leitzins nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2016 anzuheben gedenkt. Ingves schloss auch nicht aus, den Leitzins noch viel weiter zu senken.

Logisch ist diese Strategie nicht: Denn wollte die Zentralbank wirklich aktiv anheizen, müsste sie dafür sorgen, dass die Kredite unters Volk kommen. Daher erweckt die Aktion eher den Anschein einer konzertierten Maßnahme mit der EZB: Anleger sollen davon abgehalten werden, die Krone als Fluchtwährung zu kaufen. In der Schweiz hat diese Maßnahme zunächst die Kapital-Zuflüsse gebremst. Eine weitere Stärkung de Franken konnte die SNB allerdings nur mit erneuten Interventionen im Devisenmarkt verhindern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...