Politik

Merkel deutet Einlenken im Schulden-Streit mit Griechenland an

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat erstmals ihre Bereitschaft zu einem "Kompromiss" mit Griechenland angedeutet. Athen hat unterdessen ein neues Milliarden-Loch wegen fehlender Steuereinnahmen entdeckt. Die europäischen Steuerzahler müssen sich auf Verluste einstellen, weil die EU einen Austritt Griechenlands aus dem Euro nicht ernsthaft als Alternative in Erwägung zieht.
12.02.2015 16:46
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Schuldenstreit mit Griechenland Kompromissbereitschaft signalisiert. "Europa ist darauf ausgerichtet, und das ist auch der Erfolg Europas, einen Kompromiss zu finden", sagte Merkel am Donnerstag vor Beginn des informellen EU-Gipfels in Brüssel, auf dem sie zum ersten Mal den neuen griechischen Regierungschef Alexis Tsipras trifft. "Kompromisse geht man ein, wenn die Vorteile die Nachteile überwiegen. Deutschland ist dazu bereit", fügte Merkel hinzu. Allerdings beruhe die Glaubwürdigkeit Europas darauf, dass Regeln eingehalten würden und man verlässlich zueinander sei. Nun werde geschaut, welche Vorschläge die griechische Regierung mache, die dann von den Euro-Finanzministern am Montag erörtert werden sollten. "Noch haben wir ja ein paar Tage Zeit, deshalb freue ich mich heute auf die erste Begegnung", ergänzte Merkel.

Tsipras gab bei seiner Ankunft in Brüssel nur eine knappe Erklärung ab: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine grundlegende Lösung finden, um die Wunden der Austerität zu heilen, die humanitäre Krise in der EU zu bekämpfen und Europa zurück zu Wachstum und sozialem Zusammenhalt zu bringen", sagte der Chef der Syriza-Partei, der die bisherigen Sparauflagen der internationalen Geldgeber ablehnt.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich "sehr besorgt", über die Lage, die eingetreten sei. Der britische Premierminister David Cameron mahnte sowohl Griechenland als auch die Euro-Länder, die Pattsituation so schnell wie möglich zu beenden, weil sonst die britische Wirtschaft leiden würde.

In der EU wird hinter den Kulissen fieberhaft an einer für beide Seiten gesichtswahrenden Umschuldung gearbeitet. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche eine Variante lanciert, derzufolge den Griechen ein sechsmonatiges Schulden-Moratorium gewährt werden könnte.

Aus Athen selbst wird ein neues Milliarden-Loch gemeldet: Die schlechte Zahlungsmoral der griechischen Steuerzahler reißt zu Jahresbeginn ein Milliarden-Loch in die Staatskasse. Mit 3,49 Milliarden Euro blieben die Steuereinnahmen im Januar rund eine Milliarde hinter den Vorgaben der Regierung zurück, wie aus am Donnerstag veröffentlichten Daten des Finanzministeriums hervorgeht. Offenbar hatten viele Griechen in Erwartung eines linken Wahlsieges am 25. Januar Steuerzahlungen zurückgehalten.

Insbesondere die ungeliebte Immobiliensteuer ist vielen Einwohnern ein Dorn im Auge. Die neue Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras will sie durch eine Abgabe auf Luxuswohnungen und Villen ersetzen. Die noch unter der Vorgänger-Regierung beschlossene alte Steuer wird jedoch vorerst noch eingezogen.

Mit den Einnahmeausfällen wird die Finanzlage der klammen Regierung noch prekärer. Sie muss sich bis Ende des Monats mit den internationalen Geldgebern über die Modalitäten weiterer Rettungshilfen einigen, ansonsten droht dem seit Jahren von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) über Wasser gehaltenen Land die Staatspleite.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.