Portugals Ministerpräsident soll „Solidarität und Verständnis“ gegenüber Griechenland und der neuen Regierung des Landes zeigen, statt „angesichts der schwerwiegenden sozialen Krise“ auf einer Einhaltung der Sparmaßnahmen zu bestehen. Diese Forderungen stellt eine Gruppe von 32 Politikern, Ökonomen und Wissenschaftlern in einem offenen Brief an Pedro Passos Coelho. Und er solle sich weder an der „Demütigung anderer Mitgliedstaaten“ beteiligen noch die „strafende“ Einstellung gegenüber Griechenlands unterstützen.
Zu den Unterzeichnern gehören genauso namhafte Politiker aus der regierenden Mitte-Rechts-Koalition wie auch aus der Opposition. Mit dem Brief wollen die Unterzeichner nun, dass Coelho seine öffentliche Meinung gegenüber Griechenland ändert. Schließlich könnte eine Erleichterung für Griechenland sich im Nachhinein auch positiv auf die Schuldenbilanz Portugals auswirken. Seit dem Wahlsieg der Syriza in Griechenland hatte Coelho mehrmals gesagt, Griechenland müsse sich an die Vereinbarungen mit den internationalen Gläubigern halten. So, wie es auch Portugal getan hatte. Wenn Portugal, Irland und Spanien sich nicht an ihr Sparprogramm gehalten hätten, hätten andere Länder wiederum einfach ihre Steuern senken und die Löhne erhöhen können“, so Coelho in Bezug auf Griechenland. Und „relativ gesehen, hätte kein anderes Land mehr getan, um Griechenland zu helfen, als Portugal.“
Mit dieser Forderung gegenüber Coelho stehen die Unterzeichner aber nicht allein da. Im Editorial der Tageszeitung Público hieß es jüngst: „Wenn es nach Lissabon ginge, müsste Griechenland bedingungslos dem Sparprogramm zustimmen oder den Euro verlassen.“ Aber „keine dieser Optionen kann im Interesse Portugals sein, dem schwächsten Land der Eurozone nach Griechenland.“ Denn auch in Portugal war große Unzufriedenheit bezüglich des eigenen Sparpaketes zu spüren. Immer wieder versuchte sich die portugiesische Bevölkerung, mit Protesten zu wehren. Selbst das Verfassungsgericht stemmte sich gegen Auflagen der internationalen Gläubiger.
„Isolieren und Dämonisieren von Griechenland ist ein Irrweg und eine gefährliche Idee“, sagt auch António Costa, der Vorsitzende der Sozialdemokraten. Schließlich sei es ein europäisches und nicht allein ein griechisches Problem und als erstes müsse man nun mit der sozialen Katastrophe in Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien umgehen, zitiert die FT Costa. Seine Partei liegt derzeit bei Meinungsumfragen vor Coelhos Partei. Im Herbst finden die Wahlen in Portugal statt.
Ein Bailout-Programm im Umfang von 78 Milliarden Euro hatte Portugal erhalten. Im Mai vergangenen Jahres endete das Programm, das Land ist wieder dabei, sich an den Finanzmärkten zu positionieren. Dank des Bailouts kletterten die Schulden des Landes von 93 auf 129 Prozent des BIP (Stand 2014). Ein teilweiser Schuldenerlass im Nachhinein, könnte Portugal durchaus gebrauchen.