Politik

Austerität: Etablierte Parteien und USA fürchten Vormarsch der Euro-Skeptiker

Lesezeit: 3 min
23.02.2015 23:36
Die spanische Regierung hat bei den Euro-Verhandlungen mit Griechenland offenbar den stärksten Druck auf Athen ausgeübt: Die Regierung fürchtet, dass ein Nachgeben gegenüber Griechenland die Protest-Partei Podemos im eigenen Land stärken würde. Auch in den anderen Euro-Staaten legen die Euro-Skeptiker zu - sehr zum Verdruss der USA, die Europa als geschlossenen Nato-Partner in ihrer geopolitischen Strategie sehen wollen. Die Einigung ist daher Pflicht.
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Die griechische Zeitung Kathimerini meldet, dass Spanien bei den Verhandlungen mit Griechenland den meisten Druck ausgeübt haben soll. Wirtschaftsminister Luis de Guindos soll sich auf die Seite von Wolfgang Schäuble geschlagen haben und von den Griechen die Einhaltung des Austeritäts-Kurses verlangt haben. De Guindos kennt sich mit Pleiten aus: Vor seiner politischen Karriere war er Spanien-Chef der Investmentbank Lehman Brothers. De Guindos gilt als Favorit auf die Nachfolge von Jeroen Dijsselbloem, der in diesem Jahr den Vorsitz der Euro-Gruppe niederlegen wird. Eine Sprecherin von De Guindos sagte, Spanien müsse auch seine eigene innenpolitische Lage berücksichtigen, wiewohl man eine gewisse Flexibilität im Troika-Programm unterstütze.

Die etablierten Parteien in Spanien sind wegen der Parlamentswahl im Herbst nervös: Die linke Protestpartei Podemos führt die Umfragen an und vertritt ein der Syriza ähnliches Programm. Vor allem soll der Austeritätskurs in Europa beendet werden.

Spanien ist nur ein Land, in dem wegen der Euro-Krise dramatische Umbrüche stattfinden. In vielen Ländern haben euro-skeptische oder radikale Parteien die traditionelle Parteien-Landschaft aufgemischt. Die Gegner kommen von links, wie in Griechenland oder Spanien, oder von rechts: Der Vormarsch des Front National in Frankreich bereitet den Euro-Rettern das größte Kopfzerbrechen: Marine Le Pen liegt in den Umfragen für die kommenden Präsidentschaftswahlen auch nach den Pariser Anschlägen unverändert an der Spitze. Die Sozialisten von Francois Hollande haben aktuell keine Chance gegen den Front National. Daher ist die Euro-Gruppe so geschlossen gegen Erleichterungen für Griechenland: Sie fürchten einen Dammbruch in den Kernländern des Euro.

Die Entwicklung wird auch von den USA mit Argwohn verfolgt: Die Amerikaner wollen Europa als einheitlichen Partner, um ihre geopolitischen Interessen gegen Russland durchzusetzen (und fordern daher neue Strafmaßnahmen gegen Russland, Video am Anfang des Artikels). Die USA brauchen die Nato-Staaten als geschlossene Einheit und lehnen daher einen Austritt Griechenlands aus dem Euro kategorisch ab.

Die USA drängen Griechenland und die Euro-Chefs daher zu einer Einigung. Die Botschaft ist der Regierung in Athen kürzlich in einem Telefongespräch zwischen US-Finanzminister Jack Lew und dem griechischen Kollegen Yanis Varoufakis übermittelt worden, sagte ein US-Vertreter vergangene Woche. Lew habe Griechenland aufgefordert, einen konstruktiven Weg in seiner Partnerschaft mit Europa und dem IWF einzuschlagen. Die USA haben angekündigt, auch weiterhin auf alle Gesprächspartner Druck auszuüben, da die derzeitige Ungewissheit "nicht gut für Europa" sei, meldet Reuters.

Griechenland hat die endgültige Liste mit Reformplänen am Dienstagmorgen an die Euro-Gruppe übermittelt, sagte ein Regierungsvertreter in Athen. Die Eurogruppe habe dem zugestimmt.

Die EU-Kommission soll bereits signalisiert haben, dass die Vorschläge ausreichend seien, meldet Reuters am Dienstagmorgen.

Am Montag wurden, wie bei einem solchen Prozess üblich, verschiedene Fassungen ausgetauscht, um am Dienstag zu einer raschen Entscheidung kömmen zu können. Am Dienstagnachmittag ist eine Telefonkonferenz geplant. Zuvor wird die Troika aus EU, IWF und EZB die Reformvorschläge prüfen.

Die griechische Regierung will Vorschläge für den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption unterbreiten, sagte der Regierungsvertreter weiter. Zudem umfasse die Liste Maßnahmen für Reformen im Öffentlichen Dienst sowie den Bürokratieabbau. Auch Probleme mit faulen Kredite und Schmuggel würden adressiert.

Griechischen Medienberichten zufolge setzt die neue griechische Regierung vor allem auf Milliardeneinnahmen durch die Bekämpfung von Benzin- und Zigarettenschmuggel. Verschiedene Zeitungen berichteten am Montag unter Berufung auf die Regierung in Athen gleichlautend, die Regierung wolle mehr als sieben Milliarden Euro mit ihrem Reformkonzept einnehmen. Der neue Ministerpräsident Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza hatte im Wahlkampf versprochen, die Austerität zu beenden, die EU und IWF dem klammen Land im Gegenzug für Hilfen in Höhe von 240 Milliarden Euro verlangen. Sein Versprechen, die Troika aus dem Land zu werfen, konnte Tsipras nicht halten: Das EFSF-Programm wird wie bisher von der Troika überwacht. In der Syriza-Koalition hält sich der Aufruhr gegen Tsipras dennoch in Grenzen. Lediglich der Veteran Manolis Glezos protestierte und sagte, er schäme sich, für diese Partei kandidiert zu haben.

Auch der Bundestag muss der Verlängerung des Programms vor seinem Auslaufen am 28. Februar um 24.00 Uhr zustimmen. Vor allem in der CSU bestehen Bedenken, ob die Reformpläne ausreichen, um im Bundestag grünes Licht für neue Kredite des Euro-Rettungsfonds EFSF zu geben. Es gilt jedoch als sehr wahrscheinlich, dass die Verlängerung ähnlich zügig durch den Bundestag gewunken wird wie alle bisherigen Gesetze zur Euro-Rettung.


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