Allein mit der Kraft ihrer Gedanken können drei in Österreich operierte Patienten selbst nach einer schweren Nervenverletzung ihre Handprothesen bewegen. Bei den drei Männern sei eine sogenannte bionische Rekonstruktion gelungen, schreibt das Team der Medizinischen Universität Wien im Fachblatt The Lancet. Durch Motorrad- und Kletterunfälle war bei den Männern das Armnervengeflecht zerstört worden, das unter anderem die Hand steuert.
Bei der bionischen Rekonstruktion wurde ein Muskel aus dem Oberschenkel als Signalverstärker für die vorhandenen Nerven in den Unterarm transplantiert. Da die Männer schon seit Jahren ihre Hände nicht mehr nutzen konnten, mussten sie ihr Gehirn für diese Art neuronaler Signale monatelang trainieren. Dann wurden ihnen die funktionslosen Hände amputiert und durch Prothesen ersetzt. Auf den bei anderen Methoden üblichen Einsatz von Elektroden zur Steuerung der Prothesen verzichten die Ärzte.
Vielmehr sei bei dem komplexen neuromuskulären Eingriff „eine interaktive Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine“ entstanden, sagte Prof. Oskar Aszmann, Leiter des Christian Doppler Labors für Wiederherstellung von Extremitätenfunktionen an der Medizinischen Universität Wien. Inzwischen können die Männer alltägliche Dinge wie das Zuknöpfen von Hemden oder das Einschenken einer Tasse wieder selbst leisten.
Die Männer könnten nicht nur weitgehend in den Alltag zurückkehren, sondern hätten auch kaum mehr Schmerzen. „Die Betroffenen verspüren oft starke Phantomschmerzen. Diese verschwinden durch die bionische Rekonstruktion, da das Phantom durch die wieder gewonnene Funktionalität der Hand ersetzt wird“, sagte Aszmann.
Erstmals angewandt wurde das Konzept der bionischen Rekonstruktion von Aszmann im Jahr 2009. Die Medizinischen Universität Wien gilt als weltweit einziger Ort, an dem diese Technik angewandt wird.
Die britischen Transplantations-Experten Prof. Simon Kay und Daniel Wilks aus Leeds warnten vor zu großen Hoffnungen. „Die aktuellen Ergebnisse sind ermutigend“, schrieben sie in einem Kommentar. Das Verfahren sei ein zusätzlicher Ansatz, Nervenreize und Prothesen zueinanderzubringen. Allerdings müsse die langfristige Bilanz für eine Einschätzung abgewartet werden. Dazu zähle auch, wie oft und unter welchen Umständen die Patienten ihre Prothese nutzten.