Politik

Banken-Krach in Österreich: Kein gutes Signal für öffentliche Banken in Europa

Lesezeit: 4 min
02.03.2015 23:40
Die Gläubiger-Beteiligung bei der österreichischen Heta könnte bis zu 50 Prozent Verlust für die Halter von Bonds bedeuten. Das größte Problem des österreichischen Modells liegt jedoch in der großen Verführung für die Staaten, ihre umfangreichen Rechte zu missbrauchen, und zusammen mit den Käufern die Gläubiger zu schädigen.

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Die Gläubiger der Hypo-Bad-Bank Heta müssen sich einem Zeitungsbericht zufolge auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent einstellen. Diese Größenordnung werde angepeilt, berichtete die Tageszeitung Standard. Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies auf Aussagen von Finanzminister Hans Jörg Schelling: Demnach lasse sich die Quote für einen möglichen Schuldenschnitt noch nicht abschätzen, sagte er im ORF-Radio. Diese Entscheidung müsse letztlich die Finanzmarktaufsicht FMA treffen. Sie hatte über die Hypo-Nachfolgerin Heta am Wochenende einen Schulden-Rückzahlungsstopp verhängt, nachdem Wirtschaftsprüfer eine neue milliardenschwere Finanzlücke entdeckt hatten.

Der Banken-Spezialist Hans-Joachim Dübel von Finpolconsult erklärt, welche Folgen der überraschende Schritt der österreichischen Finanzmarktaufsicht für den europäischen Banken-Sektor haben könnte.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Worin besteht das größte Problem bei der FMA-Aktion?

Achim Dübel: Die jetzt veröffentlichten Verluste können für den Eigentümer der Heta, die Republik Österreich, keine Überraschung gewesen sein. Der Zeitpunkt passt so gut – nach dem Abschluss der Verkaufsverhandlungen der Balkantöchter und der Umsetzung der neuen Bankenabwicklungsdirektive, aber noch vor der ersten größeren Fälligkeit von Bonds – dass man kaum an einen Zufall glauben mag.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wer wird schlechter gestellt?

Achim Dübel: Die Gläubiger, die bei früherer Aufdeckung der Verluste die Eigentümer der Heta geworden wären. Die Republik spielte sich bei den Verkäufen und Abspaltungen als Eigentümer der Bank auf, der sie materiell nicht war, weil ihre bilanzierte Eigenkapitalposition nicht durch Aktiva gedeckt war. Die FMA als Abwickler konnte zwar schon damals theoretisch in eine eigenkapitalgleiche Rolle einspringen, hatte aber vor der Umsetzung der Direktive zum 1.1.15 noch nicht das volle Instrumentarium zur Hand.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Orientiert sich Österreich an Zypern (Laiki)?

Achim Dübel: Leider ja, insbesondere die Reihenfolge war dieselbe: erst die Zwangsverkäufe, dann die Abwicklung. Beim Verkauf der griechischen Töchter der Laiki und auch von Bank of Cyprus hat man die Gläubiger auf Druck der EZB ebenfalls außen vor gelassen und ihnen dann die daraus folgenden Verluste vor die Füße geworfen. Was Österreich macht, ist also erprobtes EZB-Drehbuch.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Kann man davon ausgehen, dass sich Staaten mit anderen Zombie-Banken künftig an Laiki und Heta orientieren werden?

Achim Dübel: Ja, solange man keine klaren Regeln über die Governance von sog. 'Dead Banks' wie Heta aufstellt, bei denen auch die Gläubiger vorkommen. Insbesondere muss klar sein, dass die Gläubiger bei Verkäufen von Unternehmensteilen Informationsrechte und ggf. Mitspracherechte und Anteile an den Gewinnen der Käufer bekommen. Unter der derzeitigen Rechtslage ist die Verführung für die Staaten zu groß, ihre umfangreichen Rechte zu missbrauchen, und zusammen mit den Käufern die Gläubiger zu schädigen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was wäre anders, wenn der Europäische Bankenabwickler der Fall übernommen hätte?

Achim Dübel: Leider hätte der Abwickler SRB (Single Resolution Board) die gleichen Fehler bei der Reihenfolge machen können, weil wie gesagt das Regelbuch noch lückenhaft ist. Aber er hätte es sich natürlich nicht bieten lassen, dass sich der österreichische Staat bei der Heta als Eigentümer an der Macht hält, sondern diesen über frühzeitigere Abschreibungen expediert. Genau deshalb wollte man ja die Europäisierung, um derartige Interessenkonflikte, die v.a. bei öffentlichen Banken auftreten, zu verhindern.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Ist es denkbar, dass noch andere Euro-Staaten das Fenster nutzen werden, bis der europäische Abwickler - vermutlich Mitte 2016 - steht?

Achim Dübel: Auf jeden Fall ist bei öffentlichen Banken ein Missbrauch der Eigentümerposition ein Risiko. Es gibt ja ähnlich gelagerte Fälle, z.B. die Abwicklung der Westdeutschen Landesbank, bei der der Staat die volle Kontrolle über die Aufspaltung und die Dead Bank (Portigon) behielt. Die Frage der Reihenfolge von Verkäufen und Moratorien bzw. Kalibrierungen der Dead Bank ist bei allen Banken ein Problem. In der jetzigen Form werden insolvente Banken zum Selbstbedienungsladen für clevere Käufer, vor allem aus dem Bereich von Private Equity Funds.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sollten Investoren künftig einen weiten Bogen um Bank-Bonds machen?

Achim Dübel: Ich fürchte, dass die Governance-Probleme, die jetzt bei Heta offenbar werden, so wie vorher schon auf Zypern, weit schlimmere Auswirkungen haben werden, als die Tatsache der Gläubigerbeteiligung an sich, die weitgehend akzeptiert wird. Vor allem für öffentliche Banken, oder im öffentlichen Interesse stehende Regionalbanken, ist dieser Vorgang kein gutes Signal. Man kann nur hoffen, dass die für die Finanzmarktpolitik Verantwortlichen erkennen, dass ein belastbares Abwicklungsregime nur unter Abwägung aller Interessen, d.h. von Käufern, Staat und Gläubigern, funktionieren kann.

Wie chaotisch die Abwicklung verläuft, zeigt die Diskussion um die staatlichen Garantien: Die Gläubiger fürchten, die Republik Österreich könne versuchen, sich aus den Garantien zu stehlen. Die FMA versucht zu beruhigen - wohl auch, um die Gläubiger zu einem Haircut zu bewegen: Die Garantien des Bundeslandes Kärnten und der Republik Österreich blieben trotz des Rückzahlungsstopps für Hypo-Anleihen aufrecht, sagte der Co-Chef der Finanzmarktaufsicht FMA, Helmut Ettl, am Montagabend in einer ORF-Fernsehdiskussion. Die Aufseher hatten am Wochenende das Ruder bei der Hypo-Bad-Bank Heta übernommen und angesichts einer neuerlichen Finanzlücke von bis zu 7,6 Milliarden Euro die Rückzahlung von Hypo-Anleihen für die kommenden 15 Monate gestoppt.

"Es wird durch unsere Maßnahmen und auch durch künftige Maßnahmen von uns in keiner Weise in Haftungsstrukturen der öffentlichen Hand eingegriffen. Das heißt, weder die Garantien, die der Bund auf Anleihen gegeben hat, noch Landeshaftungen des Landes Kärnten werden von uns in irgendeiner Weise gelöscht", sagte Ettl. Sollten die Hypo-Gläubiger künftig zur Kasse gebeten werden - etwa durch einen Schuldenschnitt - könnten sie Kärnten oder den Bund in Haftung nehmen.

Ob und inwieweit die Gläubiger Federn lassen müssen, ist noch nicht entschieden. Österreich will sich mit den betroffenen Investoren bis zum Ende des Moratoriums im Mai 2016 einigen. "Alle Beteiligten haben eine gewisse Zeit, sich ihre Positionen zu überlegen und zu schauen, was sie aus dieser Situation und aus dieser Stundung machen", sagte Ettl.

Die Landesgarantien Kärntens für die Hypo und ihre Nachfolgerin Heta lagen zuletzt bei knapp elf Milliarden Euro. Österreich selbst haftet im Umfang von einer Milliarde Euro für Hypo-Papiere



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