Finanzen

EU: Erbitterter Streit um Machtverhältnisse bei der Bankenaufsicht

Lesezeit: 1 min
10.10.2012 22:28
Um die europäische Bankenaufsicht tobt hinter den Kulissen heftiger Streit: Deutschland will verhindert, dass die kleinen Länder die Deutschen überstimmen - diese wiederum werfen Deutschland vor, alles zu unternehmen, um die Bankenunion zu verhindern.
EU: Erbitterter Streit um Machtverhältnisse bei der Bankenaufsicht

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Machtverhältnisse bei der Entwicklung einer neuen Bankenaufsicht innerhalb der EZB sollen sich zu Gunsten Deutschlands ändern, wenn es nach der Bundesregierung geht. Bislang hat jedes Land bei Abstimmungen der EZB nur eine Stimme. Nun wurde seitens der Bundesregierung der Vorschlag eingebracht, das Stimmgewicht eines Landes proportional zur Größe seines Bankensektors zu gestalten, so die FT. Das würde Deutschland einen enormen strategischen Vorteil bei Abstimmungen innerhalb der neuen Bankenaufsicht verschaffen, berichtet die FT und beruft sich dabei auf Aussagen von EU-Diplomaten.

Die Verhandlungen über die Ausgestaltung einer europäischen Kontrollbehörde über 6.000 europäische Kreditinstitute verlaufen angesichts nationaler Interessen nur schleppend. Deutschland sieht sich aufgrund der Größe seines Bankensektors und der Wirtschaftsleistung als Gläubiger der Schuldenkrise, da es bei Abstimmungen der EZB von einem Zusammenschluss kleinerer Volkswirtschaften leicht überstimmt werden kann. Trotzdem soll noch im Dezember eine Einigung getroffen werden.

Der Vorschlag der Bundesregierung kann die Animositäten in der Euro-Zone verstärken. Obwohl mit der Größe des Bankensektors auch das Risiko steigt, bei einer Fehleinschätzung der neuen Bankenaufsicht die höchsten Kosten tragen zu müssen (mehr hier), steigt bei einer Neugestaltung des Stimmrechts auch der Einfluss großer Volkswirtschaften. Das wiederum könnte die Unabhängigkeit der EZB gefährden.

In Deutschland laufen vor allem die Sparkassen gegen die gemeinsame Bankenaufsicht Sturm. Sie sagen, dass nur die sytemrelevanten Institute auf europäischer Ebene kontrolliert werden sollen. Die Sparkassen sind meist auch eng verbunden mit der lokalen Politik (zu den Risiken und Nebenwirkungen - hier); dadurch wird es für die Bundesregierung jedoch schwer, den Sparkassen eine Lösung aufzuzwingen, weil eben auch handfeste politische Interessen eine Rolle spielen.

Schon die Aussage von EZB-Chef Mario Draghi, künftig Staatsanleihen von notleidenden Mitgliedstaaten aufkaufen zu wollen, stieß auf heftige Kritik Deutschlands. Der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, zog sogar einen Rücktritt in Betracht. Bundeskanzlerin Merkel hält eine schnelle Einigung für unwahrscheinlich (mehr hier) und sagte nach Angaben eines Sprechers der Bundesregierung, dass Weidmann „so viel Einfluss wie möglich“ bei der EZB erhalten solle, berichtete die Bild-Zeitung. Außer der Umgestaltung des Stimmrechts verlangt Deutschland auch einen ständigen Sitz im Aufsichtsrat der neuen Behörde.

Im europäischen Ausland entsteht daher der Eindruck, Deutschland wolle eine europäische Bankenaufsicht durch seine Forderungen gar verhindern. Ob bis Dezember eine Einigung über die dessen Struktur zustande kommt, ist daher noch nicht klar (mehr hier): „Die Qualität der Überwachung muss Vorrang haben vor einem unrealistischen Zeitplan der Umsetzung“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der FT.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Steuern auf Rente: Steuervorteile und Grundfreibetrag - so hoch ist die Besteuerung 2025
15.01.2025

In Deutschland wird die Rente besteuert. Doch seit wann sind Rentner steuerpflichtig? Welcher Rentenfreibetrag gilt aktuell, welche...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...