Politik

Germanwings Absturz: Protokoll der Ereignisse an Bord

Der Start von Flug 4U9525 verlief routinemäßig. Doch kurz danach kam es zu dem größten Unglück in der Geschichte der Lufthansa. Eine Verkettung von Zufällen machten den Plan des Co-Piloten erst möglich. Als er allein im Cockpit saß, steuerte er den Airbus minutenlang in die Tiefe, bis dieser in den französischen Alpen zerschellte.
26.03.2015 19:35
Lesezeit: 2 min

– Der Airbus A320 der Germanwings startete am Dienstag um 10.01 Uhr mit 150 Menschen an Bord in Barcelona. Als gesichert gilt, dass 75 Deutsche in dem Flugzeug waren.

– Der Pilot hatte mehr als 6000 Stunden Flugerfahrung, größtenteils im Airbus A320. Zur Lufthansa kam er vor zehn Jahren.

– Sein Kollege war seit 2013 Co-Pilot bei Germanwings. Der 27-Jährige aus Montabaur in Rheinland-Pfalz hatte 630 Flugstunden absolviert. Laut Lufthansa begann er seine Pilotenausbildung 2008. Vor sechs Jahren kam es zu einer mehrmonatigen Unterbrechung, danach sei der Mann als „100 Prozent flugtauglich“ getestet worden. Am Donnerstag nannten die Ermittler auch seinen Namen: Andreas Lubitz. Für die Ermittler ist es eindeutig, dass der Co-Pilot das Flugzeug bewusst zum Absturz brachte.

- Woher die Ermittler diese Erkenntnis haben, ist unklar. Die Möglichkeit, dass etwa der Austritt giftiger Gase zu einer Ohnmacht des Co-Piloten geführt haben könnte, wurde nicht näher erörtert. Das Flugmagazin Austrian Wings berichtet seit einiger Zeit von Problemen mit TCP, welches auch bereits bei Germanwings in das Cockpit eingedrungen ist und in einigen Fällen zu schweren körperlichen Beeinträchtigungen der Crew geführt hat.

– Kurz nach dem Erreichen der regulären Reiseflughöhe von 38.000 Fuß (11,5 Kilometer) ging die Maschine ohne Hinweis an die französische Flugkontrolle oder ein Notsignal in einen schnellen Sinkflug über. Für diesen Sinkflug müsse man mehrfach an einem Knopf drehen, deswegen sei ein Versehen auszuschließen, so die Ermittler.

– Das Flugzeug zerschellte in den französischen Alpen bei Seyne-les-Alpes. Eine Explosion gab es zuvor nicht, wie die französische Untersuchungsbehörde BEA mitteilte.

– Aus dem ersten Flugschreiber eine Audio-Datei sichergestellt werden. Aus den Aufzeichnungen des Stimmenrekorders ergibt sich, dass der Co-Pilot den Sinkflug mit Absicht auslöste. Zu diesem Zeitpunkt war er allein im Cockpit. Der Pilot war nach einem Toilettengang aus der Kabine ausgesperrt.

– Aus dem Cockpit ist bis zum Aufprall normales Atmen zu hören, der Co-Pilot war also am Leben. Die Ermittler sagen, dass sie aus dem Atmen schließen, dass der Co-Pilot keinen Herzinfarkt erlitten oder in Panik verfallen sei.  Zuletzt hämmerten Flugkapitän und Crew von außen an die automatisch verriegelte Tür. Schreie von Passagieren sind erst in den letzten Sekunden aufgezeichnet.

– Ein französisches Mirage-2000-Kampfflugzeug hat noch nach dem abgestürzten Airbus A320 gesucht, als der Kontakt mit der Germanwings-Maschine abgebrochen war. Das Militärflugzeug sei dem Reglement entsprechend in Orange aufgestiegen, berichtete der Sender BFMTV. Die Mirage 2000 habe aber keine Spur des gesuchten Flugzeugs gefunden.

– Die Ermittler haben keine Hinweise auf einen Terrorakt. Auch das Bundesinnenministerium hat derzeit „keine Hinweise auf einen irgendwie gearteten terroristischen Hintergrund“.

– Unklar ist weiterhin, warum der Co-Pilot die Maschine in die Katastrophe steuerte. Genauso, warum die Ausbildung des Mannes ausgesetzt wurde. Lufthansa-Chef Carsten Spohr gab zu der Unterbrechung keine Auskunft.

– Über die zeitliche Abfolge von Flughöhe und Sinkflug gibt es noch widersprüchliche Angaben. Bei der Aufklärung könnte die zweite Black Box helfen. Doch von dem Flugschreiber wurde bislang nur die Außenhülle gefunden, so der französische Präsident Francois Hollande am Mittwoch.

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