Finanzen

Chaotische EZB-Richtlinien werden zum Problem für die Banken

Ziel der Bankenaufsicht der EZB war es, größere Transparenz zu schaffen und das Vertrauen in europäische Banken wieder herzustellen. Doch die Bankenaussicht verursacht gegenseitiges Misstrauen und Zweifel über die Solvenz der Institute. Investoren und Analysten sehen sich völlig im Dunklen über den Zustand der Banken in der Eurozone.
04.04.2015 01:46
Lesezeit: 2 min

Ursprünglich wollte EZB-Chef Draghi das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Banken in der Eurozone und internationalen Anlegern wieder ins Lot bringen. Dazu wollte er Transparenz schaffen. Mario Draghi erklärte in Vorbereitung der Bankenaufsicht Ende 2013: „Wir erwarten, dass die Überprüfung das Vertrauen des privaten Sektors in die Banken der Euro-Zone und in die Qualität ihrer Bilanzen stärken wird“.

Doch damit scheint es nicht weit her. Die Geheimniskrämerei um die neuen Eigenkapital-Vorgaben für die Banken sei beunruhigend, berichtet Bloomberg. Investoren und Analysten sehen sich völlig im Dunklen über den Zustand der Banken in der Eurozone. Dabei muss die Eigenkapitalausstattung der Institute über jeden Zweifel erhaben und für Kunden und Investoren leicht überprüfbar sein.

Insbesondere die neue „Bail-in Welt“ bereitet den Investoren laut Bloomberg Kopfzerbrechen. „Wenn man davon ausgeht, dass die EU-Kommission tatsächlich die Staaten zwingen wird, Anleihegläubiger zu beteiligen, wenn es Ärger gibt, dann muss der Anleger im Gegenzug auch verlässliche Informationen erhalten“, erklärte Michael Hünseler, der bei der Assenagon Asset Management AG in München, 14 Milliarden Euro einschließlich europäischer Banken-Aktien und Anleihen verwaltet. „Ansonsten ist es ein ungleiches Spiel. Die Regulierungsbehörde weiß viel, der Anleger wenig“, so Hünseler.

Die Bespiele reichen von Risiken unzureichender Geschäftsmodelle bis zu äußersten Belastungen wie eines überhitzten Immobilienmarkts – ausgelöst durch Draghis neues QE-Programm.

Zwar ist nach den neuen europäischen Regeln eine Offenlegung der Eigenkapitalquoten nicht erforderlich, jedoch können die nationalen Regulierungsbehörden die Banken dazu zwingen, sie zu veröffentlichen. „Dies kann uns begreiflicher machen, wo die Risiken liegen, mit der eine Bank konfrontiert ist“, sagte der Chef der Rating-Agentur S&P in London, Alexandre Birry.

Ohne verpflichtende zusätzliche Eigenkapitalanforderungen fehlt den Investoren jeder Anreiz. Denn das Vertrauen der Investoren und Kunden lässt sich nur über mehr Eigenkapitalanteil gewinnen. Eine einfache Kennziffer wie die Leverage Ratio wäre nötig, da Außenstehende die Risikomodelle ansonsten nicht nachvollziehen können. Andererseits begrenzt die Leverage Ratio das Wachstum, weil die Banken sich nicht mehr beliebig verschulden können. Zudem müssten die Bilanzregeln auch international angeglichen werden müssen, um Vergleichbarkeiten herzustellen. Und auch interne Risikoberechnungen würden Schwächen aufweisen. Denn die Institute können einfach optimistischere Risikomodelle anwenden. Je kleiner die risikogewichteten Aktiva sind, desto höher fallen die Kapitalquoten aus. Die Versuchung, sich die Risiken möglichst klein zu rechnen, ist also groß. Die Fixierung auf eine interne Kennziffer kann demnach in die Irre führen. Nur beide Quoten zusammen ermöglichen eine bessere Einschätzung, wie stabil eine Bank ist.

Doch die Banken scheuen jegliche Transparenz, da sie Schwächen im Vergleich zur Konkurrenz aufzeigen würden. Zugleich befürchten die Aufsichtsbehörden, dass eben jene Transparenz Probleme aufwerfen und eine fragile Bank „die Märkte stören“ könnten. Zu viele Informationen könnte es für die Regulierer schwieriger machen, eine marode Bank ohne öffentliche Aufregung zu stabilisieren und das Risiko zu entschärfen. Deshalb also die Geheimniskrämereien der Bankenaufsicht.

Aber es ist „unmöglich, eine wirksame Marktüberwachung von Banken zu erreichen, wenn private Investoren nicht in der Lage sind, die Qualität der Banken zu bewerten“, meinte ein Beobachter der Situation.

Indessen hat sich die Chefaufseherin der Bankenüberwachung bei der EZB, Danièle Nouy, für eine Obergrenze für die Banken beim Kauf von Staatsanleihen ausgesprochen. „Banken dürfen einem einzelnen Schuldner nicht mehr Geld leihen als höchstens ein Viertel ihres Eigenkapitals“, sagte sie dem Handelsblatt. „Das wäre auch eine sinnvolle Größenordnung für Staatsanleihen.“ Ob ihr Vorschlag realisiert werden wird, ist allerdings ungewiss.

„Die EZB ist zwar bemüht, die gefährliche Verbindung zwischen Banken und Staaten zu reduzieren. Sie kann aber nicht der Tatsache entkommen, dass viele Regierungen ihre Banken auch weiterhin brauchen, die ihre Staatsanleihen kaufen“, erklärte Alberto Gallo, Kreditstratege bei der RBS. „Im Grunde ist es nicht das vorrangige Ziel der Banken, ihre nationalen Regierungen zu finanzieren, aber sie werden aufgefordert, genau das zu tun.“

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