Politik

Militär-Experte: Obama könnte wegen Drohnen-Angriffen als Kriegsverbrecher angeklagt werden

Amerikanische Drohnen werden offenbar komplett über die Militär-Basis in Ramstein gesteuert. Der Militär-Experte Armin Krishnan ist der Auffassung, dass es sich beim Drohnen-Einsatz um Kriegsverbrechen handelt, weil Zivilisten nicht geschützt würden. US-Präsident Barack Obama könnte deshalb in Den Haag angeklagt werden. Ob auch deutsche Politiker als Mitwisser agieren, ist unklar.
18.04.2015 17:07
Lesezeit: 2 min

Die US-Armee wickelt praktisch alle weltweiten, tödlichen Drohnenangriffe über ihren Stützpunkt im pfälzischen Ramstein ab. Das belegten erstmals Dokumente aus den USA, berichtet das Internetportal von Glenn Greenwald, The Intercept. Die streng geheimen Unterlagen veranschaulichten so detailliert wie nie zuvor, wie Washington den in Teilen völkerrechtswidrigen «Krieg gegen den Terror» organisiere. Eine anonyme Quelle sagte dem Magazin, alle Signale für den Einsatz der Drohnen liefen über Ramstein: „Ramstein trägt das Signal, das der Drohne sagt, was sie tun soll. Sie erhält auch das Signal dessen, was die Drohne sieht. Ohne Ramstein würden Drohnen in ihrer derzeitigen Form nicht funktionieren.“

The Intercept schreibt, dass die Mitwirkung von Deutschen an diesem Krieg strafrechtlich verfolgt werden kann. Ob die Bundesregierung von dem tödlichen Einsatz wusste, ist unklar. Die USA agieren auf ihren Stützpunkten quasi exterritorial.

Der Militär-Wissenschaftler Armin Krishnan erklärte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass diese Drohnen-Angriffe nicht durch das Völkerrecht gedeckt seien:

„Die USA sind die einzige verbleibende Weltmacht, und daher nehmen die USA Privilegien für sich in Anspruch, die sie anderen Staaten nicht zugestehen wollen. Unlängst hat Außenministerin Hillary Clinton nach Aussage der Washington Post erklärt, dass die USA das Recht haben, weltweit nach Gutdünken Terroristen anzugreifen. Ein Militäreinsatz in einem anderen Staat, der diesen Militäreinsatz nicht genehmigt hat, ist traditionell als ein Kriegsakt zu werten und hätte es Pakistan formal erlaubt, den USA den Krieg zu erklären, oder zumindest amerikanisches Militärpersonal in Pakistan als gegnerische Kombattanten zu betrachten. Natürlich sitzt die USA hier am längeren Hebel. Pakistan hat nichts davon, einen Krieg mit einem übermächtigen Verbündeten anzufangen. Zu befürchten ist, dass die USA in Zukunft weitere riskante und provokative Antiterror-Einsätze in neutralen Staaten durchführen könnte, welche im schlimmsten Fall zu einer unkontrollierten Eskalation führen könnten.“

Sollten bei solchen Angriffen Zivilisten getötet werden, handelt es sich um Kriegsverbrechen. In der Regel erfährt die Öffentlichkeit nichts über die tatsächlichen Folgen solcher Angriffe.

Armin Krishnan:

„Die Genfer Konventionen schützen Zivilisten in militärischen Konflikten, und auch die USA sind daran gebunden. Kollateralschäden, also auch zivile Verluste, die verhältnismäßig sind, sind vom Kriegsrecht allerdings ausdrücklich erlaubt. Solange es eine militärische Notwendigkeit für den Militäreinsatz gab und Vorkehrungen getroffen wurden, um zivile Verluste gering zu halten, ist es innerhalb von Kriegsgebieten erlaubt, zivile Schäden zu verursachen.

Das rechtliche Problem besteht vor allem darin, dass Drohnenangriffe, die zuweilen erhebliche zivile Schäden anrichten und viele Zivilisten töten, in neutralen Staaten wie Pakistan, Jemen oder Somalia stattfinden. In Pakistan könnten bis zu ein Drittel der Todesopfer der Drohnenangriffe unschuldige Zivilisten sein. Manche Völkerrechtlicher, darunter auch von der Stanford University, betrachten diese Drohnenangriffe in neutralen Staaten, bei denen Zivilisten sterben, als mögliche Kriegsverbrechen.

In diesem Fall könnte Präsident Obama, der die Angriffe formal autorisiert, als Kriegsverbrecher in Den Haag vor Gericht gestellt werden. Das wird natürlich niemals passieren. Es gibt aber eine Reihe von Zivilklagen gegen die CIA und die US-Regierung, auch von den Angehörigen getöteter Zivilisten. Diese Klagen wurden bislang alle abgewiesen, da es sich um Belange nationaler Sicherheit handelt, die einen besonderen Schutz haben.

Juristisch gibt es das Drohnenprogramm der CIA nicht, und die Regierung muss auch keine Informationen in Bezug auf das Drohnenprogramm oder bestimmte Drohnenangriffe an Gerichte weitergeben. Ohne diese Informationen sind Klagen aussichtslos, da es auf die juristische Analyse der genauen Umstände ankommt, wenn es darum geht zu entscheiden, ob ein bestimmter Angriff völkerrechtlich zulässig war oder ein Kriegsverbrechen. Damit kann man sagen, die Drohnenopfer und deren Angehörige haben keine Rechte, solange sich hier nichts fundamental ändert.“

Armin Krishnan ist Visiting ist Assistant Professor for Security Studies

Intelligence and National Security Studies Program an der Universität of Texas in El Paso. Sein äußerst lesenswertes Buch „Gezielte Tötung. Die Zukunft des Krieges“ ist ein Standard-Werk zu der Thematik der im rechtsfreien Raum stattfindenden, gezielten Tötungen. Das Buch ist im Berliner Verlag Matthes & Seitz erschienen, ist in gedruckter Form leider vergriffen, über Amazon jedoch hier erhältlich.

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