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Umfrage: Die Deutschen sind mehrheitlich Euro-Skeptiker

Lesezeit: 4 min
04.05.2015 00:25
Die Deutschen sind in ihrer Mehrheit Euro-Skeptiker. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass nur 47 Prozent glauben, der Euro habe Deutschland mehr Vor- als Nachteile gebracht. Erstaunlich: Auch die jungen Deutschen, die die D-Mark gar nicht mehr als ihre Währung erlebt haben, rechnen heute noch zu einem bemerkenswert hohen Anteil von Euro in D-Mark um.
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Der von Forsa für die Bank of Scotland erarbeitete „Sparerkompass 2015“ zeigt: Trotz heftiger politischer Werbung für die Währungsunion sind die Deutschen davon überzeugt, dass der Euro Deutschland mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat. Nur 47 Prozent sind der Meinung, dass Deutschland vom Euro profitiert hat. Damit sind die Euro-Skeptiker in Deutschland rechnerisch in der Mehrheit. Mehr als jeder Fünfte hat kein Vertrauen in die Gemeinschaftswährung.

Im Mai 2012 hatte bereits infratest dimap die Skepsis der Deutschen ermittelt: 49 Prozent hielten sie für falsch und 47 Prozent für richtig. In erster Linie spricht für den Euro, dass man in vielen Ländern problemlos zahlen kann, so der Sparerkompass 2015. Dieser Meinung sind immerhin 88 Prozent der Befragten.

Die Umfragen zeigen eine interessante Entwicklung: Demnach sind die Deutschen nach einigen Jahren der Gewöhnung an die Realität im Zuge der Euro-Krise wieder zu ihrer anfänglichen Skepsis zurückgekehrt.

Als der Euro dann Anfang 2002 kam, war die Ablehnung der neuen Währung groß. Die Deutsche Bundesbank war von der Ablehnung so überrascht, dass sie zwischen April 2001 und Februar 2002 fünf Meinungsumfragen in Auftrag gab. Das Ergebnis der ersten fiel enttäuschend für die Euro-Verfechter aus: 54 Prozent der Befragten gab an, skeptisch gegenüber der Euro-Einführung zu sein. 51 Prozent erwarteten mehr Nach- als Vorteile. Je näher die Einführung schließlich rückte, desto höher waren die Zustimmungsraten - auch dank teurer Image-Kampagnen.

In der Umfrage im Februar 2002, also wenige Wochen nach der Bargeld-Einführung, fanden immerhin 60 Prozent die Euro-Einführung gut. Aber: Der Anteil der Ablehner blieb hartnäckig bei 37 Prozent. Als Gründe für die negative Wahrnehmung rangierten die sinkenden Wechselkurse zwischen dem Euro und dem US-Dollar wie auch steigende Preise an oberster Stelle. Immerhin 43 Prozent schätzten die Wechselkursschwäche kurz nach der Euro-Einführung im Februar 2002 als nachteilig für Deutschland ein. Vor einer höheren Inflationsrate des Euro, also einem „Teuro“, hatten damals zwei Drittel Angst.

Die Grenze zwischen Zustimmung und Ablehnung verlief laut der Bundesbank-Studie entlang der Kategorien Ost-West, Stadt-Land und Frau und Mann. Während die Menschen im Westen zu 63 Prozent die Einführung gut fanden, zeigte das Bild im Osten nahezu ein Patt: 47 Prozent waren für und 49 Prozent gegen den Euro. Rund zwei Drittel der Männer in verschiedenen Altersgruppen sahen den Euro positiv. Nur 52 Prozent der Frauen zwischen 35 und 59 Jahren befürworteten die Euro-Einführung. Die Sympathie für den Euro war damit nach der Einführung bei den Frauen stärker gewachsen als bei den Männern. Und: Je höher der Bildungsstand desto höher auch die Zustimmung zum Euro. In Städten war der Euro generell beliebter als auf dem Land.

Gespalten war damals auch die Meinung darüber, welche Auswirkungen der Euro auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland haben wird. Den Wertverlust des Euro gegenüber dem US-Dollar sahen kurz nach der Einführung 43 Prozent als Nachteil für die deutsche Wirtschaft. Tendenziell waren die bis zu 34-Jährigen skeptischer als die Älteren in dieser Frage. Dass der Euro generell Gutes für Deutschland bringt, schätzten 38 Prozent; Vor- und Nachteile sahen allerdings 35 Prozent. Negative Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten befürchteten zwei von drei Befragten. Vielleicht aus diesem Grund gaben zwei Monate nach der Euro-Einführung 44 Prozent zu Protokoll, dass sie der D-Mark nachtrauern. Auch hier gab es ein Gefälle beim Bildungsniveau, dem Geschlecht und zwischen Stadt und Land.

Auch die Investoren stehen 2015 dem Euro wieder äußerst skeptisch gegenüber. Mit dem sentix Euro Break-up Risk Index hat sich ein Barometer etabliert, mit dem seit Juni 2012 monatlich deutschen Anlegern der Puls in Sachen Euro gefühlt wird. Die befragten Investoren dürfen bis zu drei Länder nennen, mit deren Austritt aus dem Euro sie binnen des nächsten Jahres rechnen. Im April sprang der Index von 36,8 Prozent auf 49,0 Prozent. Damit ist jeder zweite Befragte der Ansicht, dass binnen zwölf Monaten ein Land aus der Gemeinschaftswährung aussteigt – voraussichtlich Griechenland. Im Juli 2012 hatte das Barometer mit 73 Prozent seinen bisherigen Höchststand vermeldet.

13 Jahre nach der Euro-Einführung rechnen noch immer viele Deutsche ihre Ausgaben in D-Mark um. Steht eine große Ausgabe an, so rechnen noch 47 Prozent der Deutschen den Preis in D-Mark um, so der von „Sparerkompass 2015“. 52 Prozent der Frauen und 41 Prozent der Männer gaben dabei an, dass sie Preise noch in D-Mark kalkulieren.

Stärker als beim Geschlecht klafft beim Alter eine Lücke: Bei den 60- bis 69-Jährigen rechnen noch 60 Prozent in D-Mark, während es bei den 50- bis 59-Jährigen immerhin noch 55 Prozent sind.

Höchst erstaunlich jedoch: In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen, die den überwiegenden Anteil ihres Lebens mit dem Euro verbracht hat, rechnet jeder Fünfte noch in D-Mark, bevor er etwas kauft. Unterschiede gibt es auch beim Bildungsniveau: Bei Menschen mit Hauptschulabschluss liegt die Quote der Umrechner bei ganzen 60 Prozent, während nur 29 Prozent der Befragten mit Abitur Preise in D-Mark überschlägt.

Auch die Rückkehr zur D-Mark halten viele Deutsche immer noch für eine Option. Im Sparerkompass 2015 der Bank of Scotland votierte immer noch jeder fünfte Befragte für die Rückkehr zur D-Mark. Selbst die Europäische Kommission musste im Herbst 2014 in ihrem Eurobarometer 82 vermelden, dass nur 56 Prozent der Befragten aus den 28 EU-Mitgliedsländern für eine Wirtschafts- und Währungsunion mit einer einheitlichen Währung (Euro) sind. 36 Prozent sind immerhin dagegen.

Noch im Dezember 2010 plädierte in einer infratest dimap-Umfrage für die ARD jeder dritte Deutsche (36 Prozent) dafür, die D-Mark wieder einzuführen. Bei Menschen mit einem niedrigen Schulabschluss war es immerhin rund jeder Zweite (49 Prozent), der sich für die Rückkehr zur alten Währung aussprach. Befragte mit Hochschulreife votierten hingegen zu 80 Prozent für den Euro. Das Projekt Euro präsentiert sich damit hauptsächlich ein Elite-Projekt. 

Auch die Beschwörung von Politik und Zentralbanken, dass die Finanz-Krise überwunden und die Euro-Zone heute besser denn je gegen Schocks gerüstet sei, verfängt bei den Bürgern nicht. Im ARD-Deutschlandtrend vom Februar 2015 äußerten zwei Drittel der Befragten, dass sie Sorge haben, die Wirtschafts- und Finanzkrise könnte sich wiederholen. Schon Ende 2011 hatte infratest dimap festgestellt, dass sich 58 Prozent der Befragten Sorgen um ihre Ersparnisse machen. Immerhin fast jeder Zehnte (9 Prozent) gab laut Sparerkompass 2015 an, ihm fehle das Vertrauen in Banken, und ebenso viele äußerten, sie haben Angst vor einer neuen Finanz- und Bankenkrise. Das zeichnet sich auch im Sparverhalten der Deutschen ab: So bewahren sie immer öfter ihr Geld zu Hause unter dem Kopfkissen auf. Bemerkenswert: Auch 13 Jahre nach der Euro-Einführung horten die Deutschen rund 13 Milliarden D-Mark, so der Bankenverband. Ob dies aus Bequemlichkeit geschieht oder aus der Erwartung, dass die D-Mark eines Tages zurückkehren könnte, geht aus den Umfragen naturgemäß nicht hervor.


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