Finanzen

Tickende Zeitbombe: In Italien droht Immobilien-Blase zu platzen

Bis zu 100 Milliarden Euro könnten italienische Banken durch einen Immobilien-Crash verlieren, der bereits eingesetzt hat. Die Banken halten die Immobilienpreise künstlich oben und lediglich die niedrige Verschuldung der italienischen Haushalte verlangsamt das Platzen der Blase.
18.10.2012 23:30
Lesezeit: 2 min

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Im Gegensatz zu Spanien und Irland hat Italien bisher keinen großen Immobilien-Crash erlebt, doch die Gefahr ist sehr hoch. Hohe Abschreibungen und ein rückläufiger Immobilienmarkt drohen die italienischen Banken zu gefährden. Seit 2008 sind die Immobilienpreise in Italien real gesunken und 44 Prozent der vergebenen Bankkredite sind an die Immobilienbranche gebunden. Die Beratungsfirma AlixPartners schätzt, dass den Banken zu den 23 Milliarden Euro fauler Kredite zusätzliche Verluste von bis zu 65 Milliarden Euro drohen (die italienische Bank Banca Monte dei Paschi di Siena ist bereits masiv gefährdet – hier).

„Dies könnte eine tickende Zeitbombe für die italienischen Banken sein“, warnt Claudia Scardovi von AlixPartners. „Wir haben nicht die Exzesse wie in der Immobilienblase in Spanien und Großbritannien gesehen, aber wir riskieren früher oder später abzustürzen“, sagt sie Reuters. Das Engagement der italienischen Banken in den Immobiliensektor, Hypotheken und Kredite an die Baubranche, liegt bei 662 Milliarden Euro. In Spanien sind es etwa 951 Milliarden Euro – allerdings ist hier der Bestand an Hypotheken fast doppelt so hoch.

Seit 2006 sind die Transaktionen italienischer Wohnungen um 38 Prozent gesunken. Die Verkäufer benötigen doppelt so lang, um einen Käufer zu finden und bieten Rabatte von bis zu 15 Prozent, so die Gewerkschaft Confindustria. Auch die Nachfrage nach verpfändeten Häusern, deren Eigentümer die Kredite nicht mehr abzahlen konnten, ist schwach. Bei gewerblichen Immobilien sieht es nicht besser aus. „Es gibt Anzeichen von großer Zerbrechlichkeit“, so Luca Dondi vom Think Tank Nomisma. Die Zahl der unverkauften Neubauten in Italien liegt bei etwa 600.000.

In großen Städten wie Rom und Mailand sind die Immobilienpreise noch recht stabil- sie sind seit 2008 um 4,3 Prozent gesunken. Das liegt jedoch vor allem daran, dass die iatlienischen Banken die Preise zum großen Teil künstlich hoch halten, weil sie sich weigern, ihre Kredite an den Immobiliensektor abzuschreiben, so Luca Dondi. „Es ist eine ‚Hinauszögern und Beten’-Taktik.“ Die Banken bieten ihren Schuldndern Moratorien und andere Formen der Atembause an. Doch damit drücken sie den Markt und verzögern den Effekt lediglich. „Die spanische Blase hat sich schnell aufgepumpt und ist schnell geplatzt“, so Dondi. „Hier lassen wir die Luft nur nach und nach raus“. Die Banken schieben „den Tag der Abrechnung nur hinaus“.

Was den italienischen Banken auch noch eine weitere Verschnaupfpause gönnt, ist das niedrige Niveau der Verschuldung der privaten Haushalte, die lediglich bei etwa 60 Prozent des verfügbaren Einkommens liegt und somit deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Doch die Rezession in Italien nagt auch daran.

Beunruhigender ist jedoch der Zustand der an Bauträger vergebenen Kredite. „Die Banken wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen“, erklärt die Führungskraft einer italienischen Top-Bank, der anonym bleiben will. „Es gab zwischen 2007 und 2009 hunderte von Bauvorhaben, die nicht abgeschlossen wurden, weil die Nachfrage verschwunden ist“. Jetzt „sitzen wir auf unfertigen Vermögenswerten, deren wichtigster Wert wahrscheinlich nicht mehr als das Land ist, auf dem man begonnen hatte, sie zu bauen.“

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