Politik

Qualität mangelhaft: Schweiz will Einfuhr von EU-Lebensmitteln kontrollieren

Der Schweizer Nationalrat will Lebensmittel vom so genannten Cassis-de-Dijon-Prinzip für Lebensmittel ausnehmen. Dieses Prinzip ermöglichte es überhaupt erst, Lebensmittel aus EU-Ländern, die nicht den Schweizer Standards entsprachen, einzuführen. Der Schweizer Nationalrat sah die Konsumenten durch die eingeführten Lebensmittel getäuscht.
09.05.2015 01:46
Lesezeit: 2 min

Dank des Cassis-de-Dijon-Prinzips können seit 2010 Produkte aus EU-Ländern vereinfacht in den Schweizer Handel gelangen. Seitdem mussten die Produkte nur noch den Vorschriften des EU- bzw. EWR-Landes entsprechen, in dem sie hergestellt wurden. Auch auf Lebensmittel wurde das Prinzip angewendet. Allerdings mit der Auflage, dass Lebensmittel aus anderen EU-Ländern, die nicht den Schweizer Standards entsprechen, sich noch einer Untersuchung durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). unterziehen müssen.

Vor 2010 mussten die Lebensmittel aus EU- bzw. EWR-Ländern den Standards der Schweiz entsprechen oder extra für den „Schweizer Markt produziert, umgepackt oder neu etikettiert werden“, so das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit.

Am Donnerstag entschied der Schweizer Nationalrat nun mit 109 zu 65 Stimmen (8 Enthaltungen), Lebensmittel vom  Cassis-de-Dijon-Prinzip wieder auszunehmen. Sie unterstützten damit die Initiative des Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR). Nun muss der Städterat entscheiden.

Die Argumentation der Gegner der EU-Lebensmittel zieht sich an der scheinbar mangelnden Qualität der Lebensmittel auf. „Das Cassis-de-Dijon-Prinzip schadet einer nachhaltigen Landwirtschaft, auch im Ausland, und untergräbt die gute Qualität unserer Lebensmittel“, sagt der Louis Schelbert von den Grünen. In einer Stellungnahme der Grünen heißt es:

„Wässriger Schinken oder verdünnter Apfelwein können in der Schweiz im Laden angeboten werden, obwohl sie den Schweizer Qualitätsnormen nicht entsprechen. Das Cassis-de-Dijon-Prinzip macht es möglich. (…)Die Latte für Qualitätsstandards sinkt durch das Cassis-de-Dijon-Prinzip auf das unterste Niveau irgendeines EU-EWR-Landes oder das EU-Niveau. Der Preiswettkampf führt dazu, dass hohe Standards erodieren. Dies untergräbt die Qualität von Schweizer Produkten.“

Gegner der Initiative werfen ihr vor, der Agrarlobby nachzugeben. Kathrin Bertschy, im Nationalrat für die glp sagt, mit der Entscheidung sei die Hochpreisinsel Schweiz zementiert worden:

„Dieser protektionistische Entscheid ist gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit dem starken Franken völlig unverantwortlich. Zahlen werden dafür einerseits die Konsumentinnen und Konsumenten über höhere Preise und andererseits die Angestellten im Detailhandel, die wegen dem Einkauftourismus ihre Arbeitsplätze verlieren. Der Vorwand der Qualitätssicherung ist geradezu absurd. Denn Qualität wird durch Wettbewerb ja gerade gefördert."

47 Lebensmittel erhielten bisher die Genehmigung des Amtes. Allein 23 davon stammen aus Deutschland. Dazu gehören beispielsweise „Geriebener Käse“, „Sahne- und Rahmerzeugnisse“, „Waffeldauergebäck“, „Aromatisierte weinhaltige Cocktails“ etc. 36 Gesuche um Bewilligung durch das Amt für Lebensmittelsicherheit wurden bis dato abgelehnt. Weitere potenzielle Lebensmittel für den Schweizer Markt warten noch auf eine Entscheidung.

Neben einem Abbau der bürokratischen Hürden sollte die Anwendung des Cassis-de-Dijon-Prinzips auf Lebensmittel auch zu einem Sinken der hohen Schweizer Preise führen. Der Bundesrat rechnete damals mit einer Ersparnis von zwei Milliarden Franken pro Jahr für die Konsumenten. Ein OK durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit erhalten die EU-Lebensmittel, die nicht den Schweizer Standards entsprechen, wenn: Sie „in keiner Weise gesundheitsgefährdend sind und der Inhalt der angegebenen Produkte-Information entspricht“, so das Amt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln
19.06.2025

Die Gespräche über das Atomprogramm kamen zuletzt nicht voran. Nun unternimmt der Bundesaußenminister einen diplomatischen Vorstoß. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jerome Powell bleibt standhaft: Trump will Zins-Schock
19.06.2025

Die Fed hält die Zinsen stabil – doch zwei Zinssenkungen sollen noch folgen. Was Jerome Powell andeutet, Trump fordert und warum das...

DWN
Politik
Politik "Sehr schwerer Schaden": Putin warnt Deutschland bei SPIEF
19.06.2025

Konfrontation mit Russland? Beim neunten St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF) traf sich Putin mit Vertretern...

DWN
Panorama
Panorama Handys an Schulen werden verboten
19.06.2025

Die Debatte um Handys an Schulen ist neu entfacht: Hessen und andere Bundesländer planen Verbote, eine Umfrage zeigt breite Zustimmung in...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Reform der Mütterrente braucht viel Zeit
19.06.2025

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag verabredet, die Mütterrente für alle Mütter einheitlich zu regeln. Die Deutsche...

DWN
Politik
Politik Deutschland zündet den Steuer-Turbo – hilft das der lahmenden Wirtschaft wirklich?
19.06.2025

Milliardenschwere Steuererleichterungen, gelockerte Schuldenbremse, ein Investitionspaket auf Pump – die Merz-Regierung setzt alles auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg ohne Inflation: Wie Israel das ökonomische Tabu bricht
18.06.2025

Israel führt Krieg, pumpt Milliarden in Rüstung und treibt die Geldmenge nach oben – doch die Inflation bleibt aus. Ist alles, was wir...

DWN
Politik
Politik Kommt die Wehrpflicht? Nur jeder dritte Deutsche würde heute Wehrdienst leisten
18.06.2025

Die Nato drängt: Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie soll die...