Die EU entwickelt offenbar Pläne für militärische Angriffe auf Libyen, um dem Zustrom von Einwandern über das Mittelmeer Einhalt zu gebieten. Dies soll durch gezielte Angriffe gegen die Schleusernetzwerke erfolgen, wie der britische Guardian berichtet.
In diesem Kontext ist der Entwurf Großbritanniens für eine Resolution zu verstehen, der am Montag im UN-Sicherheitsrat eingebracht werden soll. Demnach geht es um die Autorisierung einer Militär-Mission, um die von Menschenhändlern benutzten Boote an der libyschen Küste und die Fabriken, in denen Schlauchboote hergestellt werden, zu zerstören. Laut Guardian ist von einem UN-Mandat für bewaffnete Aktionen in libyschen Hoheitsgewässern die Rede. Die Nato hat prinzipiell ihre Unterstützung für dieses Vorgehen signalisiert. Russland kritisiert die EU-Pläne, wonach mit Militäreinsätzen die Flüchtlings-Boote im Mittelmeer zerstört werden sollen. Daher wolle Moskau ein Veto gegen UN-Resolutionen einsetzen, die derartige Einsätze legitimieren.
Die Mission würde demnach unter italienisches Kommando gestellt und umfasse die Teilnahme von rund zehn EU-Ländern, einschließlich Großbritannien, Frankreich und Italien, sagten leitende Beamte in Brüssel. Ebenso könnte die Nato einbezogen werden, obwohl es keinerlei Pläne für eine frühzeitige Allianz-Beteiligung gäbe.
Am Montag wird die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den UN-Sicherheitsrat in New York über die Pläne für ein „Kapitel 7“ informieren, wonach es um ein „robustes Mandat“ gehen soll. Jedoch ist die Bewilligung eines robusten Mandats eher unwahrscheinlich, da China und Russland über ein Vetorecht verfügen. Russland hatte nach Zustimmung zu dem UN-Mandat gegenüber Libyen in 2011 schlechte Erfahrungen gemacht, da das Mandat nach Ansicht Putins von der Nato anders ausgelegt wurde, als ursprünglich vereinbart. Dennoch ist Italiens Regierung überzeugt, man könne Russland für die EU-Pläne gewinnen. Russland sei „bereit zu kooperieren“, heißt es aus Rom.
Libyens Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbashi, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, er sei über die Pläne nicht konsultiert worden und stellte sich ihnen entgegen.
Aus London ist zu hören, „in einer Zusammenarbeit mit Italien und den EU-Partnern könnte das HMS Bulwark [amphibisches Landungsschiff der Albion-Klasse der Royal Navy] und drei Royal Naval Merlin Hubschrauber die Such- und Rettungsmission unterstützen, wodurch bereits über 100 Menschen gerettet wurden. Großbritannien ist nun dabei zu überlegen, wie man am besten die vorgeschlagene EU-Mission unterstützen kann, um gegen die Schleuser-Netzwerke vorzugehen“.
Libysche Milizen, dschihadistische Gruppen und der „Islamische Staat“ sollen demnach unter einer Decke stecken und bereits schwere Artillerie und Flak-Batterien in Küstennähe installiert haben. Demzufolge könnten Angriffe auf EU-Schiffe und Flugzeuge eine Eskalation auslösen und die Nato dazu zwingen, sich zu engagieren, sagten laut dem Guardian verantwortliche Politiker in Brüssel.
Die chinesisch Internet-Plattform China-Europe zitierte dagegen bereits Ende April ein Statement von Nato-Chef Jens Stoltenberg, wonach es um eine „umfassende Reaktion“ gehe, um die Flüchtlingskrise anzupacken. Bei einem Treffen mit Portugals Außenminister Rui Machete betonte Stoltenberg: „Wir stimmen darin überein, dass wir zur Bewältigung dieser Krise vereint sein müssen“.
Dem französischen Le Figaro sagte Stoltenberg am Sonntag: „Die Nato wird die Verbündeten verteidigen, ob der Angriff dem Süden kommt oder aus dem Osten“.