Finanzen

Griechenland: Euroländer diskutieren über weiteren Schuldenschnitt

Der IWF verlangt eine Verringerung der griechischen Schulden, bevor weiteres Geld aus den Kassen des IWF fließt. Die EZB will jedoch keine Anleihen abschreiben. Nun wird ein Plan diskutiert, bei dem Griechenland von privaten Gläubigern deren griechische Anleihen zu einem günstigeren Preis zurückkauft und so Schulden abschreiben kann. Dafür müssten aber die Euroländer bzw. der ESM Griechenland Geld für den Rückkauf zur Verfügung stellen.
19.10.2012 13:31
Lesezeit: 1 min

Aktuell: Live-Blog zum Gipfel

Mehrmals betonte der IWF in den vergangenen Wochen, dass man sich nicht an der nächsten Tranche für Griechenland (die schon fast gebilligt ist – hier) beteiligen werde, wenn die europäischen Länder nicht zum Schuldenabbau in Griechenland beitragen. Die Idee, dass die EZB die gekauften griechischen Anleihen abschreibt, stieß jedoch auf heftigen Widerstand. Es würde hohe Verluste für die EZB nach sich ziehen und das Mandat der Zentralbank würde verletzt werden.

Nun wird beim EU-Gipfel eine andere Möglichkeit für einen zweiten Schuldenschnitt im Falle Griechenlands diskutiert. Der Plan sieht vor, dass Griechenland durch den Rückkauf von Anleihen seine Schulden senken könnte. So sollen private Gläubiger dem griechischen Staat ihre gehaltenen griechischen Anleihen zu einem günstigeren Preis wieder verkaufen. Die Anleger könnten sich damit aus Griechenland zurückziehen und Griechenland soll die zurückgekauften in voller Höhe des ursprünglichen Wertes (100% des nennwertes) von der Gesamtverschuldung abziehen können,sagten zwei EU-Beamte dem WSJ. „Es handelt sich um eine freiwillige Übung“, so einer der Beamten.

Allerdings gibt es bei diesem neuen Plan einige Hindernisse. Damit ein wirklich effektiver Schuldenschnitt erreicht werden kann, müsste Griechenland eine sehr große Menge dieser Anleihen zurückkaufen und würde entsprechend große Geldmengen für den Rückkauf brauchen. Das Geld aus der Privatisierung von staatlichen Eigentum eignet sich hier nicht. Einerseits läuft die Privatisierung nur schleppend und andererseits sind die dadurch erlösten Gelder schon in den Auflagen des Rettungspaketes verplant. Demnach müssten die anderen Euroländer Griechenland weiteres Geld zur Verfügung stellen, um den Rückkauf zu ermöglichen – beispielsweise über den ESM. Doch das stößt noch immer auf Widerstand in Deutschland und anderen Gläubigerländern (zumal schon jetzt die Mittel des ESM begrenzt sind - hier).

Ein weiteres Hindernis liegt in der Umsetzung selbst. Die Rückkäufe griechischer Anleihen müsste öffentlich gemacht werden. Dies würde womöglich zu einer Wertsteigerung der Anleihen führen und somit den Gewinn, den Griechenland durch den Rückkaug machen könnte, schmälern. Ende September prüfte Griechenlands Schuldenagentur einen solchen Vorgang, in dem sie in einem kleinen Umfang von 100 Millionen Euro Staatsanleihen zurückkaufte – zu 20 Cent des Nennwerts der Anleihen. Allein die Erwartung der Märkte, ein weiterer Rückkauf dieser Art könnte folgen, ließ den Wert der griechischen Anleihen in den vergangenen Wochen immens steigen.

Weitere Themen

EZB wird alle europäischen Banken beaufsichtigen

Tickende Zeitbombe: In Italien droht Immobilien-Blase zu platzen

EU-Gipfel: ESM reicht nicht für Euro-Rettung

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...