Politik

EU entwickelt Notfall-Pläne für Griechenlands Banken

Die EU prüft offenbar, inwieweit ein Staatsbankrott Griechenlands den Anlegern von Bank-Anleihen Verluste bescheren würde. Maßnahmen wie in Zypern werden offenbar sondiert, bis klar ist, dass Griechenland mit einer Art Zwischenfinanzierung über Wasser gehalten werden kann.
28.05.2015 01:14
Lesezeit: 2 min

Am Wochenende hatte Griechenlands Premier Tsipras auf dem Syriza-Parteitag eine Abstimmung gewonnen, wonach es darum ging, die Verhandlungen mit den Gläubigern abzubrechen und den Schuldendienst einzustellen. Allerdings waren die meisten Delegierten (insgesamt etwa 300) am Abend bereits auf dem Weg nach Hause. Dadurch konnte Tsipras diesen Antrag des ultralinken Spektrums mit 95 zu 75 Stimmen abschmettern. Bereits vor einer Woche hatte eine Syriza-Gruppe den sofortigen Abbruch der Verhandlungen mit den Gläubigern gefordert.

Unterdessen gehen die Verhandlungen um die Auszahlung von weiteren 7,2 Milliarden Euro an Krediten aus EFSF und IWF weiter. Die griechische Regierung muss am kommenden Freitag Gehälter und Pensionen und darüber hinaus 308 Millionen Euro an den IWF bezahlen. Zu den Rückzahlungen an den IWF gibt es widerstreitende Meldungen. Einerseits heißt es, die Regierung werde die nächste Rate an den IWF bezahlen, andererseits gibt es Stimmen aus der Regierung, man werde die Zahlungen aussetzen, so lange kein neues Geld fließe.

In griechischen Medien wird kolportiert, Tsipras habe den US-amerikanischen Finanzminister Jack Lew angerufen und um Aufschub der Zahlungen an den IWF gebeten. Die USA sind am IWF mit knapp 17 Prozent der Einlagen beteiligt.

Im Juni stehen Rückzahlungen an den IWF von insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro auf der Agenda. Des Weiteren muss das Land im Juni 85,4 Millionen Euro für Zinsen an die EZB zahlen. Außerdem muss Griechenland im Juni rund 5,2 Milliarden Euro an T-Bills umschulden.

Da noch bei Weitem keine Einigung zwischen den Gläubigern des Landes absehbar ist, wird befürchtet, dass am kommenden Wochenende (Bank-Holiday-Weekend) möglicherweise Kapital-Verkehrskontrollen eingeführt werden, wie Business Insider berichtet.

Inzwischen meldet Bloomberg, die EU-Kommission entwickle Notfallpläne für das griechische Bankensystem. Die Kommission prüfe, welche Auswirkungen das mögliche Scheitern der Gespräche auf griechische Finanzunternehmen habe, die den Anlegern Verluste bescheren können. Bloombergs Gesprächspartner auf EU-Ebene wollten namentlich nicht genannt werden.

Der IWF spielt bei den Verhandlungen die entscheidende Rolle. Noch in 2014 errechneten die Gläubiger für 2015 ein Plus von 3 Prozent Haushalts-Primärüberschuss (ohne Zinszahlungen). Die EU rechnete vor Monaten gar mit einem Plus von 4,8 Prozent, wie Reuters meldet. Dies erscheint nunmehr als unrealistisch. Olivier Blanchard, Chef-Ökonom beim IWF, betonte am Montag, ein geringerer Haushaltsüberschuss bedeute, dass Griechenland „weitaus mehr europäische Hilfe“ benötige. Andererseits wird der IWF sich nur dann weiterhin beteiligen, wenn die Schuldentragfähigkeit gewährleistet ist. Es würde unter den gegebenen Bedingungen darauf hinauslaufen, dass die Euro-Länder einen Schuldenschnitt gewähren. Spanien und Portugal als auch die baltischen Staaten äußerten hierzu jedoch deutliche Vorbehalte.

Die Hoffnungen der griechischen Regierung richten sich offenbar auf eine Art „Zwischenlösung“, wonach die bisher offerierten Reformen ausreichen würden, um eine Teilauszahlung der 7,2 Milliarden-schweren Tranche von den Geldgebern zu erreichen. Demnach könnte das vereinbarte Kreditprogramm bis in den Herbst verlängert werden.

Die Entscheidung über Teilauszahlungen an Griechenland soll noch vor dem G-7-Gipfel im Juni fallen. Eine Teilauszahlung würde bedeuten, dass der Bundestag erneut abstimmen muss. Kanzlerin Merkel hat im Vorfeld offenbar schon damit begonnen, CDU-Abweichler ins Kanzleramt zu bitten.

Interessant: Die EU-Kommission teilt am Dienstag offiziell mit, dass sie gemeinsam mit Griechenland eine Arbeitsgruppe gründet, um zwei Milliarden Euro unters Volk zu bringen, die Griechenland in den Jahren 2007 bis 2013 nicht verteilt hat. Das Geld kommt aus den umstrittenen Kohäsionsfonds: Über diese Fonds leiten die Staaten Geld an die EU, die das Geld in den Staaten wieder umverteilt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...