Politik

Merkel: Deutschland muss Cyber-Angriffe starten können

Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigt die neue Vorratsdatenspeicherung vor dem Hintergrund der jüngsten Hacker-Angriffe auf den Bundestag. Es könne nicht sein, dass Bürger Unternehmen alle möglichen Daten zur Verfügung stellten und Staaten nicht einmal für einige Wochen Kommunikationsdaten auswerten können, so ihre Kritik.
05.06.2015 15:06
Lesezeit: 1 min

Merkel bezeichnete es nach jüngsten Hacker-Angriffen auf den Bundestag und Unternehmen als offene Frage, ob man nicht auch Fähigkeiten zu Cyberangriffen entwickeln müsse, um zu wissen, was Angreifer alles können. Den Gesetzentwurf der großen Koalition zur Vorratspeicherung verteidigte sie gegen Kritik. Es könne nicht sein, dass Bürger Unternehmen alle möglichen Daten zur Verfügung stellten, aber Staaten bei mutmaßlichen Terroristen nach Anschlägen nicht einmal mit richterlicher Zustimmung für einige Wochen Kommunikationsdaten auswerten dürften.

„Ich würde mich sicherer fühlen, wenn wir so ein Gesetz haben“, sagte Merkel am Freitag beim Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Sie stehe hinter dem Gesetzesvorhaben, weil es die Möglichkeit geben müsse, nach dramatischen Ereignissen auf bestimmte Daten zurückzugreifen. Es gehe um den Schutz von rund 80 Millionen Menschen in Deutschland. Jeder, der gegen die Vorratsdatenspeicherung sei, sollte einmal überlegen, welche eigenen Daten er aus freien Stücken schon irgendwo preisgegeben habe, meinte die Kanzlerin.

Zudem stellte sie die Kooperation mit amerikanischen Geheimdiensten trotz der NSA-Affäre nicht infrage. Es gebe für sie keine Zweifel, dass Deutschland mit ausländischen Nachrichtendiensten zusammenarbeiten müsse - auch mit US-Diensten. „Wir alle sind großen Bedrohungen ausgesetzt“ und nannte den Islamischer Staat als Beispiel. Viele IS-Kämpfer kämen aus Deutschland und Europa.

Die Frage sei aber, wie viel die Geheimdienste wissen müssten. Das sei auch für sie als Kanzlerin ein schwieriges Thema. In Deutschland werde mehr Wert auf den Schutz personenbezogener Daten gelegt als in den USA. „Trotzdem muss ich als Kanzlerin sicherstellen, dass wir sicher leben können. Das erfordert viel Abwägung.“ Die amerikanische NSA soll mit Hilfe des BND über Jahre hinweg europäische Unternehmen und Politiker ausgeforscht haben.

In ihrer Ansprache warnte Merkel davor, dass die deutsche Industrie zum Zulieferer für amerikanische IT-Konzerne herabsinken könnte. Deutsche Unternehmen dürften angesichts der rasanten Digitalisierung die Auswertung von Daten nicht nur großen amerikanischen Firmen überlassen, die über die Nutzung von Kundendaten zu Produzenten würden. In einer Diskussion über die Folgen der Digitalisierung warb sie dafür, dass Europa und Deutschland schnell die Basis für eine eigene Nutzung von „Big Data“ schaffen müssten, um selbst Kundenwünsche besser analysieren zu können. Europa habe bisher aber keine Unternehmen wie Google, Apple oder Facebook.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...