Politik

Merkel-Berater verlangen harten Kurs gegen Schulden-Staaten

Die Wirtschaftsweisen von Wolfgang Schäuble wollen nicht über eine Schulden-Union diskutieren. Die Neuordnung der Euro-Zone müsse auf Disziplin achten und statt der gemeinsamen Haftung Regeln aufstellen, wie unkooperative Staaten aus dem Euro geworfen werden können. Dies ist ein fundamental anderes Konzept für den Euro, als es Frankreich und Italien wollen.
28.07.2015 17:01
Lesezeit: 1 min

Für die Wirtschaftsweisen ist der Austritt eines Landes aus der Euro-Zone kein Tabu. "Eine dauerhaft fehlende Kooperationsbereitschaft eines Mitgliedstaats kann die Stabilität der Währungsunion bedrohen", schreiben die Experten in einem Sondergutachten, das am Dienstag veröffentlicht wurde. Als letzte Möglichkeit sollte daher der Euro-Ausstieg möglich sein. Im Falle Griechenlands hätten sie dies aber nicht empfohlen, weil ein drittes Hilfspaket für den Staat der richtige Weg sei, sagte Ratsmitglied Lars Feld.

Der Sachverständigenrat forderte weitere Reformen wie eine Insolvenzordnung für Staaten. Er warnt aber vor neuen Integrationsschritten wie einem eigenen Haushalt der Euro-Zone, einer Wirtschaftsregierung, einem europäischen Finanzministerium oder einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung.

Genau dies fordern Italien und Frankreich.

Die EU-Kommission arbeitet dagegen an einem Plan, wie ein Land aus dem Euro aussteigen kann.

Die Professoren pochen zudem darauf, dass die Stabilitätsregeln der Währungsunion konsequent angewandt werden und die Nicht-Beistandsklausel durchgesetzt wird. Diese untersagt, dass ein EU-Land für ein anderes haftet. Allerdings trägt das Ratsmitglied Peter Bofinger nach eigenen Worten wesentliche Teile des Gutachtens nicht mit. Für ihn gehen von den Vorschlägen seiner Kollegen Stabilitätsgefahren aus. "Wenn man die politische Integration nicht vorantreibt, hat man weiter das jetzige Modell, wo die EZB den ganzen Laden stabilisieren muss", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Bundesfinanzministerium sieht indes etliche Gemeinsamkeiten mit den Forderungen der Experten. Das gelte etwa dafür, dass Haftung und Kontrolle in einer Hand liegen müssten, erklärte das Ressort von Wolfgang Schäuble. Einig ist es sich mit den Sachverständigen zudem, dass ein Mitgliedstaat nicht für die Schulden eines anderen einstehen dürfe. "Dieses Prinzip schießt jedoch weitere Integrationsschritte nicht aus, um die Wirtschafts- und Währungsunion stabiler zu machen", machte das Ministerium zugleich Unterschiede deutlich.

Seit der Zuspitzung der Schuldenkrise diskutieren Politiker in Deutschland und Europa darüber, wie die Euro-Zone widerstandsfähiger werden kann. Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sehen etwa Vorschläge zur Schaffung eines gemeinsamen Euro-Zonen-Budgets positiv. Auch einem Bericht von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, EZB-Präsident Mario Draghi und Parlamentspräsident Martin Schulz taucht diese Idee auf. Frankreich hat zudem eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung ins Gespräch gebracht. Das Bundesfinanzministerium hat aber bereits darauf hingewiesen, dass es vor allem um langfristige Überlegungen geht, die EU-Vertragsänderungen nötig machen würden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...