Der Zwischenfall im Schnellzug Thalys zwischen Belgien und Frankreich ist aktuell noch schwer einzuordnen. Ein Mann hatte im Thalys-Zug von Amsterdam nach Paris das Feuer eröffnet. Mehrere Passagiere griffen ein und rangen ihn nieder, darunter zwei US-Soldaten. Zwei Menschen wurden bei dem Vorfall schwer verletzt.
Unabhängig davon, was wirklich geschehen ist, dürfte der Vorfall neue Sicherheitsvorkehrungen für Bahnreisende haben. Nach der Attacke in dem Zug nach Paris patrouillieren nun Polizisten in den Hochgeschwindigkeitszügen. Zur Zeit seien dies französische Sicherheitskräfte, es werde aber auch erwogen, belgische und niederländische Polizisten einzusetzen, sagte eine Sprecherin der belgischen Bahngesellschaft SNCB der Nachrichtenagentur Belga am Samstag. Auch an den Bahnsteigen in Brüssel, wo Thalys-Züge halten, werde Polizei eingesetzt. Französische und belgische Behörden fordern Gepräck-Kontrollen wie auf Flughäfen. Seit den Anchlägen auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt hat Frankreich die Sicherheitskontrollen im Land drastisch verschärft. Tausende Militärs sind zur Überwachung eingesetzt.
Wie es zu dem Zwischenfall kam und welche Hintergründe das Ereignis hat, ist zur Stunde noch völlig unklar: Die FAZ meldete noch am Samstag: «Zug-Attentäter ist Islamist», und berief sich auf «Informationen aus deutschen Sicherheitskreisen». In dem Text dazu findet sich allerdings keine konkrete Aussage, die das belegen könnte. Die Zeitung beruft sich auf „Angaben spanischer Ermittler“, wonach der Mann zuvor in Syrien gewesen sein soll und «möglicherweise an Aktionen der Organisation ‚Islamischer Staat‘ teilgenommen habe». Von den «deutschen Sicherheitskreisen hatte die FAZ allerdings lediglich erfahren, dass der Mann «auf dem Weg dorthin am 10. Mai am Flughafen Berlin-Tegel zu einem Flug nach Istanbul eingecheckt» habe.
In einem späteren Kommentar nennt die Zeitung den Mann ohne Einschränkungen einen «Islamisten» und fordert die Bevölkerung indirekt zur Selbstverteidigung auf: «Nicht immer, wenn ein Islamist sich zum Anschlag entschließt, dürften kampferprobte Soldaten in der Nähe sein. Im Angesichte eines Terroranschlags kann sich der Einzelne auf keine staatliche Autorität mehr verlassen und muss, so er es denn kann, das Schicksal in die eigene Hand nehmen.»
Der französische Schauspieler Jean-Hugues Anglade, der sich beim Drücken eines Notknopfes an der Hand verletzte, sagte einem Bericht des ORF zufolge, die Mitarbeiter des Thalys hätten sich in einem Abteil eingesperrt, die Passagiere allein gelassen und das Abteil auch auf Drängen der Passagiere nicht geöffnet. Die Zuggesellschaft wies diese Schilderung zurück.
Die Anwältin des Täters sagte, der Mann habe mit Terror nichts zu tun und lieferte die wenig überzeugende Erklärung, er habe die Waffen «in einem Park in Brüssel» gefunden. Die französischen Sicherheitsbehörden gaben an, der Mann sei wegen Drogen-Delikten von den Geheimdiensten beobachtet worden. Dies wiederum passt nicht direkt zum Berufsbild «selbsternannter Gotteskrieger » (FAZ).
Die Nato, die französische Regierung und US-Präsident Barack Obama lobten die Soldaten: Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag.
US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren «heldenhaften Taten» möglicherweise eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel «Helden des Thalys» verliehen. Und auch Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich «extrem stolz» auf die beteiligten Militärs, wie die dpa berichtet. Dies ist ein Novum: Bisher hat sich die Nato noch nie zu solchen Vorfällen geäußert, zumal die Männer nach eigenen Angaben auf einer Urlaubsreise waren und nicht im Dienst.
Die Schilderungen eines US-Soldaten auf Sky gehen dahin, dass das Maschinengewehr des Mannes geklemmt habe. In einer weiteren Waffe habe der Mann vergessen, ein Magazin einzuführen. So blieb ihm ein Messer, mit dem er einen Soldaten verletzte. Der Soldat erzählte, dass man gemeinsam den Mann bewusstlos geschlagen habe. Ein britischer Augenzeuge nannte auf ITV den genauen Typ der Kalaschnikow, was überraschend ist, weil man als normaler Mensch in der Regel Schwierigkeiten hat, die Marke einer Waffe innerhalb von Sekunden zu erkennen. Der Mann korrigierte sich auch gleich und sagte, er meine die Waffe, die er nicht genau als solche identifizieren konnte.