Politik

Kontrollen wirkungslos: Flüchtlinge kommen über grüne Grenze

An deutsch-österreichischen Grenzflüssen spitzt sich die Lage zu. Immer mehr Flüchtlinge versuchen, über das Wasser die Landesgrenzen zu passieren. Entlang des Inn wurden 1.000 Flüchtlinge aufgegriffen.
16.09.2015 17:48
Lesezeit: 2 min

Alkimos Sartoros und André Jahnke von der Deutschen Presse Agentur berichten aus Freilassing und Salzburg:

Der junge Syrer wartet am Bahnhof im bayerischen Freilassing auf die Weiterfahrt. Um die Zeit zu verkürzen, kehrt er die Zigarettenkippen und den Müll in der Vorhalle und am Bahngleis auf. So entspannt ist die Lage am Mittwoch nicht überall entlang der österreichisch-deutschen Grenze. Die Flüchtlingszahlen steigen wieder an, immer mehr Migranten werden von den Schleusern an der „grünen Grenze“ und kleineren Übergängen auf österreichischer Seite ausgesetzt. Währenddessen spitzt sich die Lage am Salzburger Hauptbahnhof im Laufe des Tages zu.

Bis zu 2000 Flüchtlinge halten sich am Mittwoch auf dem Areal auf, 1200 hatten bereits die Nacht in einem provisorischen Lager in der Tiefgarage des Bahnhofs verbracht. Die österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) stellen den Bahnverkehr Richtung Deutschland bis auf Weiteres ein, auf Anweisung deutscher Behörden, wie es hieß.

Wenig später verlassen jedoch Hunderte Flüchtlinge den Bahnhof und machen sich zu Fuß auf den Weg Richtung Grenze. Angebotene Notquartiere im Raum Salzburg hatten sie abgelehnt.

Auf einer Brücke über den Fluss Saalach heizt sich dann die Situation auf: Nur wenige Meter vor dem Grenzschild auf der deutschen Seite in Freilassing stoppen etwa 15 Beamte der Bundespolizei mehr als 100 Flüchtlinge, als Sperre bilden sie eine Menschenkette. Als aber immer mehr Flüchtlinge nachdrängen, geben die Polizisten schließlich den Weg frei. Nach Angaben der Bundespolizei haben am Mittwoch etwa 600 Flüchtlinge diesen Weg nach Deutschland genommen.

Überall an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland nimmt die Zahl der aufgegriffenen Flüchtlinge am Mittwoch wieder zu, die der festgenommenen Schlepper aber ab. „Das könnte auch daran liegen, dass viele Schleuser aus Furcht vor Entdeckung und Festnahme die Menschen an den kleineren Grenzübergängen auf der österreichischen Seite rauslassen“, sagt Thomas Schweikl von der Bundespolizeiinspektion Freyung.

Entlang des Grenzflusses Inn hat die Polizei seit Dienstag mehr als 1.000 Flüchtlinge aufgegriffen. Sie laufen zu Fuß über Rad- und Fußgängerbrücken oder Stauwehre auf die deutsche Seite. Dort werden sie von Bundespolizisten in Empfang genommen und zur Registrierung weitergeleitet. Alleine in Simbach am Inn und in Ering, zwei kleinen Grenzorten auf deutscher Seite, kamen in der Nacht zu Mittwoch etwa 600 Flüchtlinge über den Fluss.

Zum Glück sei noch kein Flüchtling in die Enge getrieben worden und aus Panik in den Inn gesprungen, sagt Hans Nothaft von der Wasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes. „Der Fluss hält die Menschen von alleine ab. Er ist zu groß und die Strömung für jeden erkennbar viel zu stark. Es wäre auch lebensgefährlich, selbst für geübte Schwimmer.“ Zum Glück gebe es genügend Brücken.

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