Finanzen

Fondsbranche muss endlich das Thema Garantien anpacken

Die standardisierten Pakete der Altersvorsorge werfen immer weniger Gewinn ab. Die Versicherungsgesellschaften orientieren sich neu. Doch auch die Fondsbranche muss sich weiterentwickeln und neue Alternativen finden, um das Geschäft wieder attraktiv gestalten zu können.
06.10.2015 18:22
Lesezeit: 2 min

Die Finanzindustrie diskutiert immer lauter über den (Un-)Sinn von Garantien in der Altersvorsorge (AV). Seit die langfristigen Zinsanlagen kaum noch etwas abwerfen und die Anbieter von LV-Policen ihre hohen Renditeversprechen nicht mehr sicher erfüllen können, sterben Garantieprodukte in der Altersvorsorge langsam aus. Doch das muss kein Nachteil sein. Das Paradoxe aus Investorensicht ist: Wenn die Niedrigzinsphase anhält, riskieren Anleger ihre Vorsorge bereits dann, wenn sie ihre Mittel auf vermeintlich sicheren Konten anlegen. Das Geld bleibt nur nominal erhalten, Wertzuwachs gibt es so gut wie keinen.

Während der LV-Markt im Umbruch ist und die Gesellschaften zunehmend Garantien aus ihren Produkten streichen, tut sich die Fondsbranche damit immer noch schwer und schweigt das Thema lieber tot. Unter den größeren Gesellschaften geht einzig die Deutsche Bank-Fondstochter DWS aktiv damit um. Frank Breiting, Leiter Altersvorsorge bei der DWS, hält es durchaus für sinnvoll, wenn der Gesetzgeber künftig auch Fonds mit weniger Garantien fördern würde, zusätzlich zur jetzigen Fonds-Riester-Systematik. Dass es dazu nicht kommen werde, davon ist Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, überzeugt.

Dies sagte er uns jüngst auf einem PK-Termin. Die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken geht davon aus, dass ein Riester-Produkt ohne Garantie den Nerv der meisten Anleger nicht treffen würde, so ein Sprecher auf PLATOW-Nachfrage. Zwar sei man für ein alternatives Riester-Angebot ohne bzw. mit eingeschränkter Garantie offen, doch aktiv dafür einsetzen würde man sich nicht. Als Marktführer im Fonds-Riester-Geschäft (rund 1,8 Millionen Verträge; DWS: ca. 770.000) setzt sich Union Investment vielmehr dafür ein, die bestehende Riester-Rente noch attraktiver zu machen.

Die Sparkassen-Tochter DekaBank sieht indes einen guten Ansatz in den bereits 1998 vom Fondsverband BVI als Alternative zu Kapitallebensversicherungen geschaffenen AS-Fonds (Altersvorsorge Sondervermögen). Sie ähneln Mischfonds und sind an Auflagen gebunden. DekaBank-Produkt- und Markenchef Dirk Degenhardt sieht jetzt eine gute Gelegenheit, diesen Fondstypen im aktuellen Marktumfeld erneut aufleben zu lassen. Mit Hilfe vorgeschriebener Bandbreiten bei der Aktienquote und definierter Risikoprofile wären sie eine „sinnvolle" Option zum jetzigen Standard, so Degenhardt weiter. Ob und auf welche Alternative sich die Fondsbranche künftig einigen wird, darauf muss der BVI eine Antwort finden. Trotz aller Risikoscheu der Anleger darf das Thema Garantien im Hinblick auf die AV auch bei Fonds kein Tabu mehr bleiben.

***

In Kooperation mit PLATOW Medien. Seit 70 Jahren steht der Name PLATOW für unabhängige Berichte und Exklusivrecherchen aus Wirtschaft, Kapitalmarkt und Politik. Der PLATOW Brief liefert Ihnen 3x pro Woche auf je 4 Seiten aktuelle Hintergrundinformationen aus der Finanzwelt, Analysen zu den internationalen Kapitalmärkten, zur Konjunktur und zu Zinsen. Für ein 4-wöchiges Probeabonnement können Sie sich hier anmelden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...