Deutschland

Bundesregierung fordert Zensur: Twitter gehorcht und sperrt „Besseres Hannover“

Die Polizeidirektion Hannover hat das soziale Netzwerk Twitter dazu aufgefordert, das Benutzerkonto einer Neo-Nazi-Gruppe zu blockieren. Das Nachrichtenportal sperrte daraufhin alle Nachrichten der Gruppe in Deutschland.
13.11.2012 11:14
Lesezeit: 1 min

Aktuell: Stasi 2.0: Skype soll Daten eines Jugendlichen an die Polizei weitergegeben haben

Zum ersten Mal zensiert Twitter einen seiner Benutzer und wendet damit die neuen Geschäftsbedingungen an, die seit Januar gelten. Darin will das Nachrichtenportal die freie Meinungsäußerung aufrecht erhalten, gleichzeitig nationale Gesetzgebung berücksichtigen. Die Polizeidirektion Hannover hat das Kurznachrichten-Portal dazu aufgefordert, das Benutzerkonto und alle Nachrichten der Gruppe „Besseres Hannover“ ersatzlos zu löschen (Originalbrief hier). Bei der Gruppe handelt es sich um Neonazis, die gemäß der polizeilichen Verfügung als verfassungswidrig eingestuft wurden. Ihre Mittel wurden beschlagnahmt und die Gruppe aufgelöst.

Vertreter der Meinungsfreiheit werden wahrscheinlich deswegen nicht auf die Barrikaden gehen. Trotzdem ist die selektive Zensur bestimmter Gruppen für Twitter eine Einschränkung ihrer Unabhängigkeit. Wo Twitter deutsche, rechtsradikale Gruppen zensiert, werden andererseits Präsenzen der Hamas oder der Hisbollah geduldet. Nach Informationen von ForeignPolicy.com gibt es auch einige Benutzerkonten der afghanischen Taliban, in deren Nachrichten öffentlich Angriffe auf Nato-Truppen gefeiert werden.

In den USA gab es bereits Versuche seitens einiger Kongressabgeordneter, das FBI einzuschalten und somit Twitter aufzufordern, bestimmte extremistische Gruppen zu blockieren. Bis jetzt ist das FBI diesem Antrag jedoch nicht nachgekommen. Es scheint, als wären die Informationen, die mutmaßliche Terroristen über das Internet verbreiten für die Ermittlungen des Geheimdienstes wertvoller, als der potenzielle Nutzen eines Verbotes. Tatsächlich sind FBI Agenten als Benutzer von Twitter getarnt im Internet auf der Suche nach extremistischen Netzwerken, die sie infiltrieren können.

Die Zensurbereitschaft von Twitter hat aber auch Grenzen. Der Nachrichtendienst behält sich vor, den Inhalt der Gruppe „Besseres Hannover“ außerhalb Deutschlands weiterhin zur Verfügung zu stellen. Wenn Inhalte blockiert werden, setzt Alex McGillivray, Mitglied des Generalrats, auf Transparenz. In einem Tweet sagte er: „Wir wollen niemals Inhalt zurückhalten, daher ist es gut, dass wir Mittel besitzen, mit denen das in Grenzen gehalten werden kann und transparent geschieht“.

Nutzer, die innerhalb Deutschlands Inhalte der Gruppe über das soziale Netzwerk abrufen wollen, bekommen eine Mitteilung, in der darauf hingewiesen wird, dass dieses Benutzerkonto in Deutschland blockiert wird. Mit einigen Tricks kann dann die Deutschland-Sperre gezielt umgangen werden. Twitter möchte die Meinungsfreiheit wahren und gleichzeitig lokalen Gesetzen gerecht werden. Auf der Homepage heißt es, „wir glauben, dass der offene und freie Meinungsaustausch einen positiven globalen Effekt hat, und dass die Tweets weiter fliessen müssen“.

Weitere Themen:

Griechenland: Juncker hofft auf Wunder und brüskiert öffentlich Mme. Lagarde

Streiks in Europa: Auch Deutschland will mitmachen

Nun droht auch Österreich mit Veto zum EU-Budget

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...