Politik

Türkei: Erdogan verlangt von EU drei Milliarden Euro für Flüchtlinge

Der türkische Präsident Erdogan hat seinen Druck auf die EU in der Flüchtlingsfrage verstärkt: Es soll Visa-Erleichterungen für Türken und eine Wiederbelebung der EU-Beitrittsverhandlungen geben. Erdogan will außerdem drei Milliarden Euro für die Flüchtlinge in der Türkei. Dagegen regt sich Widerstand bei den Mitgliedsstaaten.
16.10.2015 01:02
Lesezeit: 1 min

Eine hochrangige Delegation der EU-Kommission einigte sich mit der türkischen Regierung in Ankara nach Angaben von Diplomaten auf Grundzüge eines Aktionsplans in der Flüchtlingskrise, der am Donnerstag den Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel vorgelegt wurde. Konkrete Beschlüsse dazu soll es den Angaben zufolge auf dem EU-Gipfel aber nicht geben.

Als Gegenleistung für die Eindämmung der Flüchtlingsströme aus Syrien und anderen arabischen Ländern fordert die Türkei demnach drei Milliarden Euro. Die Höhe der Forderung sei ein Problem, sagte einer der EU-Diplomaten. Die EU-Kommission hatte der Türkei bisher eine Milliarde Euro sowie weitere Mittel aus einem EU-Fonds für Syrien-Flüchtlinge zugesichert. Außerdem will die Regierung in Ankara Diplomaten zufolge in den Verhandlungen über einen möglichen EU-Beitritt die Eröffnung sechs weiterer Kapitel. Die Türkei wolle zudem auf die Liste sicherer Herkunftsstaaten gesetzt werden. Dies hat die EU-Kommission zwar angeboten, einige EU-Staaten sehen dies aber skeptisch. Die Bundesregierung hatte Gesprächsbereitschaft angedeutet.

Doch die osteuropäischen Staaten haben bereits Widerstand angekündigt. Der ORF berichtet, dass die sogenannten Visegrad-Staaten statt neuer Belastungen der nationalen Haushalte gemeinsam die Sicherung der ungarischen Grenze betreiben sollte. Frankreichs Präsident Francois Hollande zeigt sich mäßig erfreut über die Visa-Erleichterungen: Er sagte nach dem Treffen, Frankreich werde genau darauf achten, wer aus der Türkei einreisen will.

Kommissionsvize Frans Timmermans und Erweiterungskommissar Johannes Hahn hatten bis zum frühen Donnerstagmorgen Gespräche in Ankara geführt. Dabei wurde nach Angaben der EU-Diplomaten aber nicht über die frühere türkische Forderung gesprochen, Sicherheitszonen für Flüchtlinge in Syrien zu errichten. Am Sonntag reist Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu betonte in einem TV-Interview bereits, dass seine Regierung Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger in der EU ab der ersten Jahreshälfte 2016 wolle und nicht erst ab 2017. Frankreichs Präsident Francois Hollande warnte vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel allerdings vor zu frühen Erleichterungen in diesem Bereich. Die Türkei hat über zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Wegen der türkischen Luftangriffe auf die kurdische Arbeiterpartei PKK und das Vorgehen gegen Journalisten hatten sich die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU zuletzt deutlich abgekühlt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...