Griechenland hat am Dienstag kurzfristige Anleihen in der Höhe von 4,06 Milliarden Euro an den Mann gebracht und gewinnt damit einige Tage, um die offizielle Insolvenz zu vermeiden. Damit kann das Land seine alten Schulden bei den offiziellen Gläubigern bezahlen. Zu diesem Zweck will Bundesfinanzminister Schäuble auch gleich drei Tranchen auf einmal nach Athen überweisen (mehr hier). Nachhaltig ist diese Maßnahmen jedoch allesamt nicht.
Eine neue Studie von Goldman Sachs zur Lage in Griechenland kommt zu dem Schluss, dass ein weiterer Schuldenschnitt notwendig ist, um die Schulden des Landes nachhaltig zu stabilisieren. „Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die griechische Schuldenquote bis 2020 unter realistischen Annahmen 120 Prozent erreicht, ist eine drastischerer Schuldenreduktion notwendig“, zitiert CNBC die Studie. Ein solcher Schuldenschnitt, den die öffentlichen Gläubiger wie die EZB zu tragen hätten, könnte Goldman Sachs zufolge einen Umfang von mehr als 80 Milliarden Euro haben.
Erst am Montag hatte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker gesagt, die Griechen würden Zeit bis 2022 statt nur bis 2020 erhalten, um die Reformen umzusetzen und eine Schuldenquote von 120 Prozent zu erreichen. Der neue Troika-Bericht geht zudem schon jetzt davon aus, dass diese Lockerung im Reformprogramm für Griechenland 32 Milliarden Euro zusätzlich kosten werde (mehr hier).
Die Analysten von Goldman Sachs bezweifeln zudem die Wirksamkeit der derzeitigen europäischen Krisenpolitik. Wenn man die griechische Schuldenlast von 340 Milliarden Euro nicht drastisch senke, werde das Land noch über Jahre europäische Hilfe benötigen. Weitere Hilfen für Griechenland seien jedoch „derzeit politisch nicht durchsetzbar“. Eine Lösung der Krise werde durch die europäische Verzögerungstaktik hinausgeschoben und führe auch zu politischen Risiken im Land (mehr hier). Derart werde in Bezug auf Griechenland eine wirtschaftliche und politische Unsicherheit verbreitet, was eine wirtschaftliche Erholung in Griechenland weiter behindere.
Mit der Forderung nach einem weiteren Schuldenschnitt für Griechenland ist Goldman Sachs nicht allein. Auch beispielsweise der IWF und die Hans-Böckler-Stiftung erachten diesen als notwendig (mehr hier). Nicholas Spiro, Chef von Spiro Sovereign Strategy, ist der Ansicht, dass es keinen glaubwürdigen Plan gibt, um Griechenlands Schulden zu reduzieren. „Die Eurozonen-Mitglieder unter Führung Deutschlands wollen das Unmögliche“, sagt er. „Einerseits wollen sie, dass Griechenland in der Eurozone verbleibt, andererseits sind sie nicht willens, die Verluste hinzunehmen.“
Man kann den Rat von Goldman auch als wohlfeil bezeichnen: War es doch just diese Investment-Bank, die seinerzeit mit brachialer Intelligenz dafür gesorgt hat, dasss Griechenland sein wahres Defizit verschleiert hat und damit Europa in die aktuelle Krise gestürzt hat (mehr zu diesem immer wieder faszinierenden Vorgang hier).