Die konservative Opposition hat die Parlamentswahlen in Kroatien gewonnen. Nach der Auszählung von rund 70 Prozent der Stimmen kam die Patriotische Koalition unter Führung der nationalkonservativen HDZ auf 59 Sitze im Parlament, wie aus in der Nacht zum Montag in Zagreb veröffentlichten Teilergebnissen hervorgeht. Das von den Sozialdemokraten angeführte Mitte-links-Bündnis von Regierungschef Zoran Milanovic errang 55 Mandate im 151 Sitze zählenden Parlament. „Wir haben die Parlamentswahlen gewonnen“, verkündete Oppositionsführer Tomislav Karamarko von der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) vor jubelnden Anhängern. Der Sieg bringe die Verantwortung mit sich, das Land zu führen, „das in einer schwierigen Situation ist“.
Da den Konservativen eine klare Mehrheit fehlt, könnte die neue Partei Most zum „Königsmacher“ werden. Sie erhielt den Teilergebnissen zufolge 19 Sitze. Die Partei erneuerte aber ihr Versprechen aus dem Wahlkampf, dass sie in keine Koalition eintreten werde. Auch Regierungschef Milanovic umwarb die Partei und lud sie zu Gesprächen zur Bildung einer Koalition ein: „Wir brauchen Partner“, sagte er.
Der Wahlkampf war unter anderem von der Flüchtlingskrise geprägt; von Griechenland aus kommen täglich tausende Flüchtlinge über die sogenannte Balkanroute nach Kroatien, von wo aus sie weiter nach Österreich und Deutschland reisen wollen. Seit Ende September durchquerten so fast 350.000 Flüchtling das Land. Die Regierung in Zagreb zeigte Flüchtlingen gegenüber Mitgefühl – gegenüber den Nachbarländern, die sich die Flüchtlinge gegenseitig zuschoben, dagegen Härte. Das stieß in der Bevölkerung auf Sympathien
Die Wähler kreiden der Regierung an, dass sie den Staatssektor seit 2011 nicht reformiert und das Geschäftsklima zu wenig gestützt habe. In der Wirtschaftspolitik konnte die Regierung Milanovic auf nur wenig Erfolge verweisen; Kroatien steckt seit 2008 praktisch in der Rezession, im September lag die Arbeitslosenquote bei 16,2 Prozent. Es war die erste Parlamentswahl in Kroatien seit dem Beitritt des Balkanstaates 2013 zur Europäischen Union. Insgesamt 3,8 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen.
Im Wahlkampf hatte die HDZ für einen schärferen Umgang mit den Flüchtlingen geworben. Seit Mitte September sind mehr als 330.000 Menschen aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern durch Kroatien geströmt. Rund 5000 Flüchtlinge passieren derzeit täglich die Grenze zu Serbien. In Kroatien wollen nur wenige von ihnen bleiben. Das Land mit 4,4 Millionen Einwohnern, das zu den ärmsten EU-Mitgliedern gehört, kämpft mit einer Arbeitslosigkeit von etwa 16 Prozent. Allerdings stehen die Zeichen auf Wachstum. Die EU-Kommission erwartet in diesem Jahr mit 1,1 Prozent den ersten Zuwachs seit 2008. Im kommenden Jahr dürfte es sich auf 1,4 Prozent beschleunigen. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic wirbt denn auch für sich mit dem Slogan „Kroatien wächst“.