Politik

Schlappe für Merkel: CDU will Flüchtlinge in sichere Länder zurückbringen

Die Juristen in der Regierung fahren Angela Merkel in die Parade: Innenminister de Maizière führt, mit Unterstützung von Wolfgang Schäuble, die Dublin-Regelung wieder ein. Merkel hatte diese noch vor wenigen Wochen als „obsolet“ bezeichnet.
10.11.2015 18:35
Lesezeit: 2 min

In der CDU hat augenscheinlich ein kleiner Coup gegen Angela Merkel stattgefunden.  Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich, offenbar im Verbund mit Wolfgang Schäuble, über die Position der Bundeskanzlerin hinweggesetzt: Angela Merkel hatte die Rückführung von Flüchtlingen in sichere Drittstaaten abgelehnt und sich damit geltendes Recht gebrochen.

Das Innenministerium teilt mit, dass Flüchtlinge aus Syrien ab sofort wieder in sichere Drittländer gebracht werden, wenn sie von dort kommen.

In der vergangenen Woche war der Innenminister durch Druck gezwungen worden, seine bisherigen Vorschläge zur Einzelfallprüfung wieder rückgängig zu machen. Schäuble war de Maizière zur Seite gesprungen.

Beide CDU-Granden stehen im Konflikt mit Angela Merkel. Die Kanzlerin hatte vor kurzem im EU-Parlament erklärt, dass „Dublin obsolet“ geworden sei. Diese saloppe Haltung im Hinblick auf geltendes Recht hatte den Unmut der zahlreichen Juristen in der CDU Führung ausgelöst. Hinter den Kulissen waren Stimmen laut geworden, dass man sich in diesem Punkt der Kanzlerin widersetzen müsse . Nun ist es offenkundig zum Aufstand gekommen.

Deutschland behandelt syrische Flüchtlinge grundsätzlich wieder nach dem Dublin-Verfahren. Das Verfahren werde aktuell für alle Herkunftsländer und alle Mitgliedstaaten außer Griechenland angewandt, erklärte das Bundesinnenministerium am Dienstag in Berlin. Dies gelte bereits seit dem 21. Oktober. Das Dublin-Verfahren besagt, dass für einen Asylantrag jenes Land zuständig ist, in dem ein Flüchtling erstmals den Boden der EU betreten hat. Es war Ende August von der Bundesregierung ausgesetzt worden.

Das BAMF werde aber in jedem Einzelfall prüfen, ob es Gründe dafür gebe, die betreffende Person doch in Deutschland in eine Asylverfahren aufzunehmen. Diese Entscheidung falle vor allem auch mit Blick auf die tatsächlichen Möglichkeiten einer Überstellung in andere Mitgliedstaaten.

Die Regierung revidiert damit eine Entscheidung vom 25. August, das sogenannte Dublin-Verfahren für die große Masse der Syrienflüchtlinge aus Gründen der Verfahrensvereinfachung sowie aus humanitären Gründen nicht anzuwenden. Das Dublin-Verfahren bedeutet: Dort wo ein Flüchtling aus einem Drittstaat in die EU gekommen ist, soll er ein Asylverfahren durchlaufen. Wegen der Zustände in Griechenland, wo sehr viele Syrer ankommen, werde aber generell kein Flüchtling zurückgeschickt. Für die anderen Staaten gelte die Einzelfallprüfung, so das Innenministerium.

Auch in der Fraktionssitzung sei es am Dienstag hoch hergegangen, die Bild-Zeitung schreibt sogar von einem "Aufstand". Mehrere Abgeordnete hätten gefordert, die Grenzen zu schließen. Der als Gast geladene Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, stellte die Lage im BAMF als katastrophal dar. Es fehle an Dolmetschern, Pässe würden nur von einer Stelle geprüft, die Abläufe dauern Monate.

Es ist unklar, wie Merkel auf diese Entwicklung reagieren wird. In CDU-Kreisen wird nicht ausgeschlossen, dass Merkel dem Vorgehen zugestimmt hat, um die Koalition mit der CSU zu retten. Die SPD dürfte sich, so könnte das Kalkül der Kanzlerin lauten, ohnehin mangels Alternativen ruhig verhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...

DWN
Politik
Politik Zweite Kanzlerreise: Erwartungen an Merz in Brüssel steigen
09.05.2025

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner zweiten Kanzlerreise aufgebrochen – Ziel ist...

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...