Politik

Bundespräsident Joachim Gauck nennt Anschläge „Krieg“

Bundespräsident Joachim Gauck sieht einen neuen Krieg nach den Anschlägen von Paris. Diese Aussage lässt aufhorchen: Die US-Neocons fordern als Folge der Anschläge Bodentruppen in Syrien. An ihnen muss sich auch Deutschland beteiligen, wenn die Nato den Bündnisfall ausruft. Gaucks Aussage dient offenbar der mentalen Mobilmachung.
15.11.2015 15:17
Lesezeit: 1 min

Bundespräsident Joachim Gauck hat nach den Anschlägen in Paris von einem "Krieg" gesprochen. "Wir leben in Zeiten, in denen wir Opfer einer neuen Art von Krieg beklagen", sagte Gauck am Sonntag in der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Bundestag in Berlin. Frankreichs Präsident François Hollande hatte die Anschlagsserie mit 129 Toten zuvor als "Kriegsakt" bewertet.

Gauck sagte, die Opfer seien Opfer hinterhältig agierender Mordbanden. "Es sind Terroristen, die im Namen eines islamistischen Fundamentalismus zum Kampf gegen die Demokratien, gegen universelle Werte und auch gegen Muslime aufrufen, die ihrer barbarischen Ideologie nicht folgen." Der Anschlag habe Frankreich gegolten, aber auch der offenen Gesellschaft.

Tatsächlich ist diese Überhöhung wohlfeil: Wenn sich die EU-Staaten von der Ideologie, die offene Grenzen mit Weltoffenheit verwechselt, verabschieden würde, wäre die barbarische Ideologie deutlich besser zu kontrollieren.

Allerdings lässt die Aussage des transatlantisch fest verankerten Gauck allerdings aufhorchen: Die EU-Staaten sollen auf einen neuen, massiven Waffengang in Syrien vorbereitet werden. Das US-Militär, die Nato, die Neocons und die Türkei wollen Bodentruppen nach Syrien schicken und vergleichen daher die Anschläge von Paris mit 9/11: Damals wurde der Krieg gegen den Terror eröffnet, der Bündnisfall gilt bis heute und gibt den US-Militärs weitreichende Rechte in Europa und im besonderen in Deutschland. Hier werden die meisten Drohnenangriffe von der Basis Ramstein ausgeführt.

Noch zögert jedoch US-Präsident Barack Obama, der erst kürzlich eingeräumt hatte, dass die Syrien-Strategie gescheitert sei. Dasselbe lässt sich für Afghanistan sagen: Nach 13 Jahren militärischer Besatzung ist das Land zerstört, die Menschen auf der Flucht und die Mordbanden sind stärker denn je.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hält die Ausrufung des Nato-Bündnisfalls für möglich. "Diese Entscheidung läge bei den Nato-Partnern, falls Frankreich einen entsprechenden Antrag stellt", sagte von der Leyen der Passauer Neuen Presse. "Wir sind im engen Kontakt mit unseren französischen Freunden. Wir stehen fest an ihrer Seite", unterstrich die CDU-Politikerin. Das habe sie am Samstag in einem Telefonat auch ihrem französischen Kollegen Jean-Yves le Drian versichert.

Gemäß der Nato-Statuten kann ein Angriff auf ein Nato-Land als Angriff auf alle Partner gewertet werden, was eine entsprechende Pflicht zur Unterstützung nach sich zieht. Von der Leyen sagte, es habe sich nicht allein um einen Anschlag auf Frankreich gehandelt, "sondern auf uns alle". "Es ging den Terroristen nicht um Symbole des Staates, sondern um Menschen, die leben wie wir - es ging ihnen um uns." Deutschland werde die Lage gemeinsam mit Frankreich und den verbündeten Nationen analysieren und dann geschlossen handeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...